16. Mai 2023, 13:22 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Wärmepumpen sind derzeit stark gefragt und sollen die Energiewende vorantreiben. Aktuell herrscht allerdings viel Unsicherheit bei diesem Thema. Im Netz kursieren diverse Fragen, aber auch falsche Behauptungen. myHOMEBOOK hat bei Experten nachgefragt.
Bei Wärmepumpen handelt es sich um eine relativ junge Heiztechnologie, langfristig soll sie das Heizen mit Öl oder Gas ablösen. Es gibt kaum ein Thema, das aktuell für derart viel Gesprächsbedarf sorgt. Kein Wunder – ab dem kommenden Jahr sollen keine neuen Heizungen mit fossilen Brennstoffen mehr eingebaut werden. Stattdessen soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Zudem möchte die Bundesregierung 500.000 neue Wärmepumpen installiert haben. Sie entziehen Energie aus der Umgebung, mit denen sich dann Gebäude effizient beheizen lassen sollen. Allerdings kursieren beim Thema „Wärmepumpe“ aktuell einige Fragen und auch Mythen im Netz, die für Verunsicherung sorgen. myHOMEBOOK listet hier einige häufige Fragen auf, Expertinnen ordnen diese ein.
Übersicht
1. Frage: Lohnen sich Wärmepumpen auch im Neubau?
„Im Neubau sind Wärmepumpen bereits als Standardlösung etabliert“, erklärt Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. in Berlin. So haben sich im Jahr 2021 etwas mehr als die Hälfte (53,9 %) der Bauherren in Ein- und Zweifamilienhäusern bereits für eine Wärmepumpe entschieden. „Aber auch im Altbau sind Wärmepumpen eine interessante Option, was sich nicht zuletzt an der sprunghaft gestiegenen Nachfrage ablesen lässt“, führt Weinhold weiter aus. Demnach wurden deutlich mehr als die Hälfte der im vergangenen Jahr installierten 236.000 Wärmepumpen im Gebäudebestand eingebaut. Das bestätigt auch Energie-Expertin Ramona Mittag von der Verbraucherzentrale NRW: „Erfahrungen haben gezeigt, dass man auch im Bestandsbau Wärmepumpen laufen lassen kann“. Die Anlagen laufen mittlerweile recht effizient, nach 12 bis 15 Jahren haben sich die Wärmepumpen bereits amortisiert.
Weinhold räumt allerdings ein: „Wärmepumpen sind in der Investition im Bestand meistens etwas teurer als fossile Wärmeerzeuger.“ Das gelte insbesondere dann, wenn zur Optimierung der Vorlauftemperatur einige Maßnahmen wie der Austausch einzelner Heizkörper nötig sei. Allerdings würde dies auch den Energieverbrauch einer modernen Gasbrennwertheizung senken. Mit dem Unterschied, dass dabei im Fall der Wärmepumpe eine BEG-Förderung mit bis zu 40 Prozent greift.
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Eine Beispielrechnung: „Die Differenz aller nötigen Investitionen inklusive Installation zwischen einer Luft-Wasser-Wärmepumpe und einer Gasbrennwert-Heizung beträgt im Altbau mit einem baulichen Wärmeschutz auf Stand der Jahre 1958 bis 1968 ungefähr 17.000 Euro“, erklärt Weinhold. Diese Mehraufwendungen würden sich durch die Nutzung der aktuellen Förderung um etwa 7.000 bis 15.000 Euro reduzieren. Es verbleibt also eine höhere Investition von 2000 bis 10.000 Euro bei einer Wärmepumpe – je nach Alter des bestehenden Systems, dem gewählten Kältemittel, sowie den genutzten Förderungen.
Umgekehrt spare die Wärmepumpe Energie, und damit auch Kosten ein. „Den Mehraufwendungen stehen über 18 Jahre laut aktuellen Gutachten Einsparungen von etwa 22.000 Euro gegenüber“, so Weinhold. In den kommenden Jahren werde der Unterschied in den Verbrauchskosten von Jahr zu Jahr deutlicher. „Somit ist die Wärmepumpe in einer Vollkostenbetrachtung das deutlich wirtschaftlichere System“, erklärt die Expertin. Verbraucherschützerin Mittag stützt diese Aussage: „Wärmepumpen sind langfristig unschlagbar.“ Und sie ergänzt: „Wenn ich mein Haus energetisch saniere, profitiert man mit der Wärmepumpe doppelt.“
2. Frage: Sind Wärmepumpen wirklich teurer als andere Heizsysteme?
„Auf den ersten Blick ist die Wärmepumpe teurer“, erklärt Mittag von der Verbraucherzentrale NRW. Vor allem im Vergleich zum Gas-Brennwertkessel. Der Blick auf die reinen Investitionskosten vor Förderung ist aber letztlich eine Verbraucherfalle. „Entscheidend ist die Wirtschaftlichkeit über die Betriebszeit“, meint Weinhold. Und hier punkte die Wärmepumpe ganz eindeutig. Mittag stellt zudem klar: „Die Wärmepumpe ist das System mit der besten Förderung.“
Dazu kommt: Gerade bei sehr alten fossilen Geräten fallen bei der Heizungsmodernisierung auch beim 1:1-Wechsel umfangreiche Kosten an. Dazu zählen unter anderem der Austausch der Peripherie, wie zum Beispiel der Mischergruppe, und weitere kostenintensive Maßnahmen. Mittag erklärt, dass teilweise auch der Schornstein an die neue Gasheizung angepasst werden müsse. Fachleute würden laut Weinhold mittlerweile nur noch einen geringen Unterschied bei den Investitionskosten zwischen dem Wechsel auf eine Wärmepumpe und einer umfassenden Heizungsmodernisierung mit dem bestehenden System sehen.
Tipp: Verbraucherschützerin und Energie-Expertin Mittag rät, sich vor Ort nach kommunalen oder landesbedingten Förderungen zu erkundigen. Teilweise würde auch die Entsorgung der alten Anlage, der Berater oder auch der Wechsel der Peripherie gefördert werden. Zudem lohne es sich, einen Energieberater zu konsultieren. Danach sollte man mehrere Angebote vergleichen.
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3. Frage: Lohnen sich Wärmepumpen auch in einem Mehrfamilienhaus?
„Es ist schwer, diese Frage pauschal zu beantworten“, erklärt Energie-Expertin Mittag. Das Problem: Wärmepumpen erreichen zum aktuellen Stand keine so hohen Temperaturen, die man für Warmwasser benötige, wenn man es etwa in den sechsten Stock eines Mehrfamilienhaus befördern müsste. Hier gäbe es Verluste, und auch die Ausbreitung von Legionellen sei ein Thema. Mittag verrät eine mögliche Lösung: „Raumwärme und Warmwasser trennen!“ Die Wärmepumpe erzeuge die Raumwärme, das Warmwasser entsteht in der Wohnung. „Hier werden wir umdenken müssen, um Raumwärme und Warmwasser zu trennen“, erklärt Mittag. Es gäbe mittlerweile gut geregelte Durchlauferhitzer, die im Wasserhahn verbaut sind.
Die Praxis zeigt laut Weinhold: „Gerade bei der Modernisierung in Mehrfamilienhäusern mit Zentralheizungen können Wärmepumpen als Einzellösung oder im Verbund mit einem fossilen Spitzenlastgerät gut integriert werden.“ Dabei sei das Fachhandwerk längst nicht mehr auf individuelle Anlagenkonzepte angewiesen. Vielmehr gäbe es eine schnell wachsende Bandbreite an vorkonfektionierten Lösungen für verschiedenste Anwendungsfälle.
Weinhold nennt hier Kaskaden-Lösungen mit Luft-Wasser-Wärmepumpen im kleinen Mehrfamilienhaus bis hin zu kombinierten Lösungen mit verschiedenen Wärmequellen in größeren Mehrfamilienhäusern. Die Expertin empfiehlt allerdings auch, in Wärmenetz-Entwicklungsgebieten den Anschluss ans Wärmenetz als Alternative einzuberechnen.
4. Frage: Wie steht es um die Lebensdauer von Wärmepumpen?
Oftmals wird Wärmepumpen nachgesagt, dass sie keine lange Lebensdauer haben. Wie sieht es in der Realität aus? „Ganz neu ist die Technologie nicht“, erklärt Mittag. Was viele nicht wissen: In jedem Kühlschrank befindet sich eine Wärmepumpe. Und diesen tausche man ja auch nicht nach fünf Jahren aus. Wärmepumpen seien zudem keine „von Hand zusammengeschraubten Nischenlösung“ mehr, sondern würden im großen Stil in Serie gefertigt, ergänzt Weinhold. „Dadurch sind die speziell für den heimischen Markt entwickelten Produkte beispielsweise nicht nur deutlich leiser geworden, sondern auch noch langlebiger.“ Die Haltbarkeit eines Markenprodukts liege nach Auskunft aller großen Hersteller mittlerweile bei ungefähr 20 Jahren. Laut Verbraucherschützerin Mittag hätten Luftwasserwärmepumpen eine Lebensdauer von 15 bis 20 Jahre, mit Erdwärme oder Wasser betriebene Modelle würden hingegen 20 bis 25 Jahre halten.
„Ich habe als Verbraucher in der Hand, sie schonend zu fahren“, ergänzt Mittag. Was bedeutet das konkret? Entscheidend sei beim Betreiben, also dem „Fahren“, laut Weinhold eine gute Planung und Auslegung der Anlage auf Grundlage einer gründlichen Heizlastberechnung. Denn nur so könne sichergestellt werden, dass eine Wärmepumpe im Optimalbereich fährt und möglichst wenig „taktet“. Das bedeutet, dass die Anlage möglichst wenig An- und Abfahrprozesse hat, die den Verschleiß maßgeblich mit beeinflussen. Auch Mittag rät, die Wärmepumpe „modulierend“ zu fahren, um die Lebensdauer zu erhöhen.
Hinweis: Der BWP rät, nicht nur bei der Auswahl des Gerätes, sondern auch bei der Wahl der Fachpartner auf Qualität zu achten. Entsprechende Qualitätsnachweise haben unter anderem Betriebe, die das Siegel „Fachbetrieb Wärmepumpe“ tragen oder im Sachkundigenregister nach VDI 4645 Blatt 1 gelistet sind. Weitere sind in der Fachpartnersuche des BWP eingetragen.
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5. Frage: Sind Wärmepumpen Stromfresser?
Expertin Mittag erklärt: „Wärmepumpen werden mit Strom betrieben“. Doch als „Stromfresser“ würde die Energie-Expertin die Anlagen allerdings nicht bezeichnen. Denn Fakt ist: Wärmepumpen verbrauchen deutlich weniger Energie als eine Erdgas- oder Ölheizung, die das gleiche Gebäude beheizt. „Das liegt daran, dass sie bereits bei einer Jahresarbeitszahl von drei nur noch weniger als ein Drittel des Energiebedarfs einer vergleichbaren Brennwertheizung haben“, erläutert Wärmepumpen-Expertin Weinhold. Zur Erklärung: je höher die Jahresarbeitszahl (JAZ), desto geringer die Stromkosten – und auch die CO₂-Emissionen.
Das bestätigt auch Mittag: „Je effizienter die Anlage, desto weniger Strom wird verbraucht.“ In der Summe würde sich durch die Nutzung einer Wärmepumpe der individuelle Energiebezug deutlich reduzieren. Er erfolge nun lediglich über den Energieträger Strom, wodurch der Haushaltsverbrauch beim Strom logischerweise ansteige.
„Dennoch bleibt es dabei, dass Wärmepumpen eine Effizienztechnologie sind, die im Regelfall auch mindestens zwei Drittel weniger Strom verbrauchen, als die im letzten Jahr im Baumarkt sehr begehrten Elektroheizungen“, meint Weinhold. Von einer verschwenderischen Technologie könne also keine Rede sein.
Tipp: Für den Betrieb von Wärmepumpen gibt es laut Verbraucherschützerin Weinhold eigene Stromtarife mit Sperrzeiten, die speziell dafür ausgelegt sind. Diese seien auch günstiger als ein regulärer Stromtarif.
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Fazit
Grundsätzlich bleiben Wärmepumpen ein spannendes Thema, das sich permanent weiterentwickelt. „Wir befinden uns auf dem Weg“, meint Mittag von der Verbraucherzentrale NRW. Dennoch: Jede eingesparte Kilowattstunde lohne sich. Und der günstigste Strom sei der, den man nicht verbraucht. Deswegen empfehlen beide Expertinnen, die energetische Sanierung des Eigenheims mitzuberücksichtigen. Denn davon würde man langfristig profitieren – egal, mit welchem Heizsystem.