9. Juli 2024, 14:36 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In vielen Bereichen liefert die Natur bereits die perfekte Lösung, die man adaptieren und sich bei der Forschung zunutze machen kann. So gelang es Wissenschaftlern der Uni Würzburg, eine Solarzelle nach pflanzlichem Vorbild zu schaffen.
Pflanzen brauchen neben Wasser und Nährstoffen vor allem auch Sonnenlicht, um zu wachsen und Photosynthese zu betreiben. Dabei sind sie recht effizient: Mit relativ wenig Blattmasse können sie Sonnenlicht aufnehmen und verwerten. Diesen Effekt versuchen Wissenschaftler schon seit geraumer Zeit zu adaptieren und für Photovoltaik-Technologie zu nutzen. Ein Forscherteam der Uni Würzburg hat nun eine „pflanzliche Solarzelle“ entwickelt. Der Vorteil: Solarzellen könnten damit einerseits dünner sein, andererseits auch effizienter Sonnenlicht aufnehmen.
So funktioniert die „pflanzliche Solarzelle“
Um Sonnenlicht in Strom oder eine andere Form von Energie umzuwandeln, benötigt man zunächst ein möglichst sinnvolles Lichtsammelsystem, heißt es seitens der Julius-Maximilian-Universität Würzburg (JMU). Dabei geht es darum, möglichst viel Licht aufzunehmen, um es im zweiten Schritt zu verwerten. Das Sammelsystem sollte dabei bestenfalls „panchromatisch“ sein, also möglichst das gesamte Lichtspektrum abdecken. Und hier kommen die Pflanzen ins Spiel.
Die sogenannten „Lichtsammelantennen“ von Pflanzen sind bei der Photosynthese in der Lage, ein besonders breites Lichtspektrum einzufangen. Allerdings sind diese Systeme sehr komplex und benötigen eine Vielzahl an unterschiedlichen Farbstoffen, um das absorbierte Licht weiterzuleiten und zu bündeln. Der Vorteil: Organische Farbstoffe brauchen mit einer Schichtdicke von nur 100 Nanometer (1 Millimeter entspricht 1.000.000 Nanometer) viel weniger Platz als etwa Halbleiter aus Silizium.
„Unser System weist eine Bandstruktur ähnlich wie in anorganischen Halbleitern auf“, sagt JMU-Chemieprofessor Frank Würthner. Sein Team vom Institut für Organische Chemie / Zentrum für Nanosystemchemie hat das Lichtsammelsystem an der JMU entwickelt und getestet. Das Ergebnis: „Damit kann es, ähnlich wie die natürlichen Lichtsammelsysteme, in einer verhältnismäßig dünnen Schicht sehr viel Lichtenergie aufnehmen.“
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System aus vier Farbstoffen
Die neuartige Lichtsammelantenne der Würzburger Forscher besteht im Grunde aus vier verschiedenen Farbstoffen, die eng aufeinandergestapelt werden. Die Moleküle sind dabei so angeordnet, dass sie Energie sehr schnell und effizient weiterleiten kann.
Die Wissenschaftler nennen das neue Lichtsammelsystem „URPB“. Die Abkürzung steht dabei für die verschiedenen Farbstoffkomponenten, die von der Antenne aufgenommen werden können, nämlich U für ultraviolett, R für rot, P für violett („purple“) und B für blau.
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So wurde der Wirkungsgrad nachgewiesen
Um nachzuweisen, dass das „pflanzliche Solarzelle“ sehr effizient arbeitet, haben die Wissenschaftler die sogenannte „Fluoreszenzquantenausbeute“ gemessen. Dabei wird untersucht, wie viel Energie in Form von Licht das System abgibt. Damit können die Forscher ermitteln, wie viel Lichtenergie davor aufgenommen wurde. Das Ergebnis: 38 Prozent der eingestrahlten Lichtenergie wurde in Fluoreszenz umgewandelt – ein beachtlicher Wert. Die Kombination und Anordnung der Farbstoffmoleküle spielt dabei eine wichtige Rolle.
Die Natur als Vorbild für die Wissenschaft
„Es ist immer wieder erstaunlich, was sich Menschen von der Natur abschauen. Natürlich ist in diesem Feld noch viel Forschung nötig, aber auf Basis der aktuellen Forschung wäre es wohl möglich, Silizium-Halbleiter leichter und dünner zu gestalten. Das könnte auch PV-Anlagen auf einem Hausdach oder Balkon entgegenkommen.“