9. November 2021, 17:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Genehmigungen, Abnahmen, Vorgaben – wer in Deutschland etwas bauen möchte, muss mit allerlei Bürokratie zurechtkommen. Wer darauf verzichtet und schwarz baut, macht sich nicht nur strafbar – er riskiert auch den Abriss des gesamten Baus.
Ein Anbau an einen bestehenden Bau, eine Hütte im Hof oder ein Wintergarten – wer auf seinem Grundstück etwas Neues bauen möchte, braucht dafür meist eine Baugenehmigung. Wer versucht, sich davor zu drücken, baut „schwarz“. Doch das kann nicht nur Nachzahlungen zur Folge haben, sondern auch gravierendere Strafen, bis hin zum Abriss. Diplom-Jurist Göran Ruser beantwortet für myHOMEBOOK die wichtigsten Fragen zum Thema Schwarzbau.
Was ist ein Schwarzbau?
Ein Schwarzbau ist ein illegal errichtetes Bauwerk. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff „Schwarzbau“ zwar in keinem Gesetz des Baurechts zu finden ist, er aber von der Rechtsprechung regelmäßig angewendet wird. Wer Gebäude errichtet, vorhandene erweitert oder Teilbereiche ändert, benötigt grundsätzlich eine Baugenehmigung. Wer jedoch ohne erforderliche Genehmigung durch die jeweilige Bauaufsichtsbehörde als Bauherr auf seinem Grundstück tätig wird, begeht Schwarzbau.
Der Schwarzbau umfasst sämtliche baulichen Änderungen sowohl im Außen- als auch im Innenbereich. Danach können nicht nur komplette Bauwerke, sondern auch Gartenhäuser, Terrassen, Baumhäuser und sogar Kinderspielhäuser betroffen sein. Wer gegen die Vorschriften des Baurechts verstößt oder von erteilten Baugenehmigungen grob abweicht, muss die zum Teil schwerwiegenden Konsequenzen tragen. Daher ist dringend geraten, bei seinem Bauvorhaben rechtzeitig eine Baugenehmigung einzuholen. Während sich etwa die zulässigen Größen von genehmigungsfreien Gartenhäusern je nach Bundesland stark unterscheiden, gelten Gebäude, die keine Aufenthaltsräume für Personen bereithalten, bis zu einer Größe von 30qm grundsätzlich als genehmigungsfrei.
Dazu passend: Wie stellt man eigentlich einen Bauantrag?
Was sind die Konsequenzen / Strafen?
Ein entdeckter Schwarzbau kann für den Bauherrn teuer werden. Oder noch viel schlimmer: Er riskiert sogar, dass das ganze Gebäude abgerissen wird. Auch, wenn der Schwarzbau keinen Straftatbestand erfüllt, sondern damit „lediglich“ eine Ordnungswidrigkeit begangen wird. Aber die kann es in sich haben. Wird ein Schwarzbau entdeckt, sieht die Vorgehensweise in der Regel wie folgt aus: Der Eigentümer wird aufgefordert, das errichtete Objekt zu beseitigen. Wird dies nicht befolgt, wird dem Eigentümer ein Bußgeld auferlegt. Bringt ihn auch dies nicht zum Handeln, wird das entsprechende Bauamt selbst tätig – und reißt das Objekt kurzerhand selbst ab. Die Höhe der Bußgelder fällt auch hier je nach Bundesland unterschiedlich aus. Sie können jedoch bis zu 50.000 Euro betragen.
So lautete im Jahr 2016 etwa ein Urteil des Verwaltungsgerichts München (M 9 K 15.570), dass ein Baumhaus wieder abgerissen werden musste, da es zum einen zu nah an der Grundstücksgrenze gebaut (weniger als drei Meter Abstand) und zum anderen aufgrund seiner aufwendigen Konstruktion nicht mehr als Kinderspielgerät angesehen wurde.
Hat ein Schwarzbau Bestandsschutz?
Nein, wer sein Haus ohne Baugenehmigung baut oder grob von ihr abweicht, kann sich nicht auf Bestandsschutz bzw. Bestandsgarantie berufen.
Ein Bestandschutz kann nur dann entstehen, wenn die folgenden drei Voraussetzungen vorliegen:
- Das Haus/Gebäude wurde legal gebaut, also nach Erteilung der Baugenehmigung.
- Das Haus kann bewohnt werden.
- Das Gebäude wird genutzt und steht nicht seit Jahren leer.
Da nicht genehmigte Gebäude keinen Bestandsschutz entwickeln können, muss stets mit der Verpflichtung zur sogenannten Rückbauverfügung (Abriss) gerechnet werden. Dabei gilt diese Regelung nicht nur für neu errichtete Gebäude, sondern auch für Altbauten. Die Feststellung eines Schwarzbaus kann den Eigentümer folglich dann besonders hart treffen, wenn ihm die Baubehörde selbst Jahrzehnte später mitteilt, er müsse den Abbruch seines eigenen Hauses vorantreiben.
Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (8 A 10119/06/OVG) musste z. B. ein 40 Jahre lang genutztes Wochenendhaus abgerissen werden, da umfangreiche Umbauten den über die Zeit entstandenen Vertrauensschutz aufhoben und die Veränderungen als „neuer Schwarzbau“ gewertet wurden.
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Muss man einen Schwarzbau als Außenstehender melden?
Um einen Schwarzbau zu entdecken, gibt es heutzutage mehrere Möglichkeiten. Bauliche Veränderungen werden z. B. mithilfe von Drohnen per Luftbildaufnahmen erkannt. Daneben können die Dienste „Google Street View“ oder „Google Map“ dabei helfen, neu errichtete Gebäude oder Umbauten an Häusern ausfindig zu machen. Auch über Handwerker und Schornsteinfeger kann die Baubehörde bzw. das Landratsamt von einem Schwarzbau erfahren. In der Regel erhält die Stadt jedoch Hinweise von Nachbarn, die durch die Baumaßnahmen selbst betroffen sind.
Eine Pflicht seitens der Bürger, einen Schwarzbau zu melden, besteht dagegen nicht. In ca. 98 % der Fälle in Deutschland stellt der Bauherr vorher einen Bauantrag oder holt eine Baugenehmigung ein, wenn er kleinere oder größere Umbauten plant. Die Zahl der Schwarzbauten wird auf ca. 150 pro Jahr geschätzt.
Meldet ein Außenstehender einen Schwarzbau anonym, also ohne seinen Namen zu nennen, so behält sich das Landratsamt meist vor, solchen Hinweisen nicht extra nachzugehen. Anders verhält es sich allerdings dann, wenn derjenige eine Straftat oder eine Gefahr von Leben und Gesundheit meldet.