22. Mai 2023, 17:12 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Kein Strom ist billiger als der aus regenerativen Energien. Und dazu gehört die Sonne. Was sie beachten müssen bei einer Solaranlage, und warum ein Speicher Sinn ergibt, erklären zwei Experten im Gespräch mit myHOMEBOOK.
In Zeiten, in denen das Heizen mit Öl und Gas immer mehr der Vergangenheit angehört, rücken regenerative Energien für Eigentümer in den Vordergrund. Ein Klassiker darunter ist die Solaranlage auf dem Dach, mit der sich der eigene Haushalt mit Strom versorgen lässt. Was man nicht selbst verbraucht, lässt sich ins Netz einspeisen. Ende 2022 waren insgesamt 2,65 Millionen Photovoltaik-Anlagen (kurz PV-Anlagen) in Deutschland installiert. Doch davor gibt es einige Fragen zu beantworten. Lohnt sich eine PV-Anlage auf meinem Hausdach? Brauche ich einen Stromspeicher? Wie sind die Vorschriften? myHOMEBOOK hat bei den Experten Carsten König vom Bundesverband Solarwirtschaft und Adrienne Gehre vom Solar-Online-Anbieter Zolar nachgefragt.
Der erste Schritt bei der Installation einer Solaranlage
myHOMEBOOK: Welche Genehmigungen sind für private Solaranlagen notwendig? Gibt es Unterschiede zwischen Dach- und kleinen Balkonanlagen?
König: „Eine Baugenehmigung ist in der Regel für Solarstromanlagen auf Eigenheimen nicht erforderlich. Auch private Dach-Solaranlagen muss man jedoch anmelden, dies ist in Deutschland sogar Pflicht. Der erste Schritt bei der Installation einer Solaranlage – egal ob auf dem Dach oder dem Balkon – sollte also die Anmeldung beim Netzbetreiber beziehungsweise dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur sein. Sollte man den überschüssign Strom ins öffentliche Strommetz einspeisen, muss man auch das Finanzamt informieren, da man so zum Stromhersteller, also Unternehmer, wird. Zudem sollte man die Versicherung über die Installation der Solaranlage informieren, um diese in die Versicherungssumme aufzunehmen.“
Welche Voraussetzungen verlangt eine Solaranlage noch? Gibt es etwa Vorschriften bei der Tragfähigkeit des Daches?
König: „Natürlich sollte die Statik des Daches gewährleistet sein. Zudem empfiehlt sich eine gute Dämmung, denn allgemein geht man davon aus, dass eine Dachanlage an die 30 Jahre hält, und man also für diese Zeit idealerweise nicht an das Dach muss. Die Ausrichtung der PV-Module auf Hausdächern ist durch die Lage des Hauses und die Dachform größtenteils vorgegeben. Den höchsten Ertrag erzielt eine PV-Anlage, wenn das Sonnenlicht während möglichst viele Stunden im rechten Winkel auf die Solarzellen trifft. In Deutschland sind viele PV-Anlagen deshalb idealerweise nach Süden ausgerichtet. Dabei sind geringe oder selbst größere Abweichungen relativ unproblematisch.“
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Welche Rolle Ausrichtung und Neigungswinkel spielt
Wenn aber die Südseite nicht möglich ist?
König: „Dann ist die Ost-West-Ausrichtung der PV-Module gute Alternative. Die Anlage produziert zwar weniger Strom, erreicht dabei aber täglich zwei Leistungshochs, der Strom wird also relativ gleichmäßig über den Tag verteilt produziert. Das ist günstig, wenn man einen Großteil des Stromes selbst verbrauchen möchte. Zudem kann bei einer Ost-West-Ausrichtung die gesamte Dachfläche für die Installation der Solarmodule genutzt werden.“
Spielt der Dach-Neigungswinkel bei der Installation von PV-Modulen eine Rolle?
König: „Ja. Da die PV-Anlage in den meisten Fällen unbeweglich auf dem Dach montiert wird, wählt man einen Neigungswinkel, der über das ganze Jahr betrachtet, den höchstmöglichen Ertrag begünstigt. In Deutschland liegt dieser Neigungswinkel für PV-Module bei 30 bis 35 Grad. Tendenziell ist der Winkel in Süddeutschland etwas niedriger, da die Sonne dort etwas höher steht. In Norddeutschland ist er etwas höher, weil die Sonne dort wiederum niedriger steht. Ebenso wichtig ist, dass vermieden werden sollte, dass Bäume, Antennen, andere Gebäude oder Stromleitungen die Anlage verschatten.“
Platzsparende Alternative: Solaranlagen für den Balkon
Gibt es Besonderheiten bei kleinen Balkonanlagen?
König: „Spezielle ‚Balkonmodule‘ gibt es bisher nicht. Es werden normalerweise handelsübliche Solarmodule verwendet, in Einzelfällen nach Sonderspezifikation hergestellte Modultypen. Diese Module werden mit handelsüblichen Modulwechselrichtern und weiterem Zubehör zu Steckersolar-Sets konfektioniert. Auch hier empfiehlt sich, die Module an einem schattenlosen Ort des Balkons (idealerweise der Brüstung) sicher anzubringen.“
Welche Größe ist bei Balkonanlagen optimal?
König: „Das kann man so pauschal nicht sagen, da es von der Ausrichtung und dem Ertrag der Anlage abhängt sowie davon, wofür der erzeugte Strom verwendet werden soll: Beleuchtung, Heizung, Warmwasser, Betreiben von Elektrogeräten im Haushalt, Aufladen des Autos und vieles mehr. Allgemein geht man etwa davon aus, dass man für 1 Kilowatt Solarleistung 2 bis 3 Module benötigt.“
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Kann nicht verbrauchter Strom in jedem Fall an den örtlichen Energieversorger verkauft werden?
König: „Etwa 30 Prozent des eigenen Solarstroms kann selbst genutzt werden. Der Rest kann ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden und ist nach den jüngst verbesserten Konditionen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütungsfähig.“ (Anm. d. Red.: Die aktuelle Einspeisevergügung beträgt 8,20 Cent pro Kilowattstunde).
So geht die Montage von der Hand
Die Montage einer Balkonanlage kann der Privatmann mit handwerklichem Geschick selbst durchführen. Wie verhält es sich mit einer Dachanlage?
König: „Es empfiehlt sich immer, eine Dachanlage von einem Profi montieren und installieren zu lassen, schon aus versicherungstechnischen Gründen.“
Welche Sicherheitsvorschriften sind bei den Installationen zu beachten?
König: Bei der Montage der PV-Module sind zwingend die entsprechenden Baunormen wie die für Holzbau, Stahlbau, Leichtmetallbau sowie Statiknormen wie die für Wind- und Schneelasten an Tragwerken einzuhalten.
Wie viel Strom liefern eine Dach- und eine Balkonanlage?
König: „Das kann man so allgemein nicht sagen. Das hängt immer von der Anlage, der Ausrichtung sowie der Größe ab. Auch der Durchschnittsverbrauch an Strom eines Einfamilienhauses ist nicht wirklich belastbar zu verallgemeinern, da es stark variiert von der Anzahl der Menschen, die das Einfamilienhaus bewohnen, der Anzahl und Alter der Geräte sowie der Anzahl und Häufigkeit der Benutzung.“ (Anm d. Red: Laut Verbraucherzentrale liefert ein Standardmodul mit einer Größe von 1 mal 1,7 Meter Größe zwischen 350 und etwas mehr als 400 Watt Strom.)
Fragen und Antworten rund um den Stromspeicher
Die optimale Solaranlage verfügt auch über einen Speicher. Wie kommt der Strom in diese Batterie?
König: „Der Strom aus dem Speicher kommt über einen sogenannten Wechselrichter ins private Stromnetz. Mithilfe von PV-Modulen, die auf dem Dach oder am Balkon montiert sind, wird Sonnenlicht in elektrische Energie umgewandelt. Sobald die Sonneneinstrahlung auf das Silizium einer Solarzelle trifft, wird durch den sogenannten photovoltaischen Prozess Energie in Form von Gleichstrom freigesetzt. Damit dieser im Haushalt genutzt werden kann, wird er mithilfe eines zwischengeschalteten Wechselrichters in Wechselstrom umgewandelt.“
Welche Art von Batterien gibt es?
Adrienne Gehre: „Blei-Säure- oder Blei-Gel-Batterien haben im Eigenheimbereich bereits seit Längerem ausgedient. Stattdessen bestimmen heute hochleistungsfähige Lithium-Ionen-Stromspeicher den Markt. Eine spezielle Form der Lithium-Ionen-Akkus sind Lithium-Eisenphosphat-Speicher. Beide Technologien werden heute von großen Herstellern eingesetzt und ermöglichen hohe Leistung über einen langen Zeitraum.
Mittlerweile wächst die Nachfrage nach umweltfreundlichen Speicherlösungen. Als vielversprechende Alternative gelten hier sogenannte Salzspeicher, die umweltfreundlich und effizient zugleich sind. Ihre Technologie ist gegenüber den Lithium-Ionen-Akkus allerdings heute noch nicht ausgereift.“
Wie lange man den Strom speichern kann
Kann der PV-Strom „ewig“ gespeichert werden?
Gehre: „Ein Stromspeicher bietet Hauseigentümern mehr Flexibilität für den täglichen Stromverbrauch. Er dient vor allem dazu, tagsüber überschüssigen Solarstrom zu speichern, sodass dieser abends, wenn keine Sonne mehr scheint, genutzt werden kann. Ein Speicher sollte also den durchschnittlich benötigten Strom, der zwischen abends und morgens verbraucht wird, fassen können. Ein Batteriespeicher ist nicht für die Speicherung über lange Zeiträume gedacht, geschweige denn saisonale Speicherung. Das würde auch wirtschaftlich keinen Sinn ergeben.“
Ist es nachteilig, wenn jemand sich eine zu große Batterie anschafft?
Gehre: „Als Faustregel gilt: Pro 1000 Kilowattstunden Jahresstromverbrauch, sollte der Stromspeicher etwa eine Kilowattstunde Speicherkapazität mitbringen. Allerdings empfehlen wir bereits heute zukünftige große Stromverbraucher wie E-Auto oder Wärmepumpe mit in die Planung einzuberechnen. Denn unser aller Stromverbrauch wird durch die zunehmende Elektrifizierung unserer Mobilität und Wärme in naher Zukunft stark steigen. Verbraucht ein Vier-Personen-Haushalt im Einfamilienhaus heute durchschnittlich 4.500 kWh Strom pro Jahr, kommen für ein E-Auto rund 2500 kWh pro Jahr hinzu. Eine Wärmepumpe benötigt etwa weitere 5000 kWh jährlich. Damit liegt die gleiche Familie mit Wärmepumpe und E-Auto bei einem Jahresstromverbrauch von rund 12.000 kWh.“
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So lange halten Stromspeicher für Solaranlagen
Wie lange ist der Lebenszyklus eines Solarspeichers?
Gehre: „Ein Stromspeicher hat eine Lebensdauer von rund 10 bis 15 Jahren. Solarmodule halten hingegen 20 bis 30 Jahre. Das heißt, ein Speicher muss während der Laufzeit einer Photovoltaikanlage einmal ausgetauscht werden.“
Wie teuer sind PV-Speicher?
Gehre: „Die Preise für kleine Speicher mit 5 bis7 kWh Speicherkapazität liegen bei etwa 6000 bis 8000 Euro. Speicher mit etwas größerer Kapazität von 8 bis 10 kWh kosten rund 7000 bis 10.000 Euro. Große Speicher mit rund 15 kWh Speicherkapazität kosten bis zu 15.000 Euro.“
In welchen Speichergrößen gibt es PV-Speicher?
Gehre: „Batteriespeicher kommen in den verschiedensten Größen. Sie starten bei etwa 5 kWh und reichen bis zu 20 kWh. Wichtig ist die richtige Dimensionierung für die individuellen Bedürfnisse eines jeden Haushalts.“
Lassen sich solche Speicher noch anderweitig nutzen, etwa als Notstromaggregate?
Gehre: „Es besteht die Möglichkeit, ausgesuchte Speicher mit einer Notstromsteckdose zu verbinden. Im Falle eines Stromausfalls kann an diese dann beispielsweise der Kühlschrank oder das Handy-Ladegerät eingesteckt und weiter mit Strom versorgt werden. Wer das gesamte Haus im Falle eines Stromausfalls auch weiterhin mit Strom versorgen möchte, benötigt einen Speicher mit Ersatzstromfunktion. Diese sind zumeist sehr hochpreisig und ergeben wirtschaftlich zumeist wenig Sinn für Hausbesitzende.“
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Kann man sie selbst installieren?
Gehre: „Die Installation eines Batteriespeichers ist nur zertifizierten Elektrikern vorbehalten. Auch der Hausanschluss und die Beantragung des Netzanschlusses muss durch einen Elektriker erfolgen. Eine Eigenmontage kann sich zudem negativ auf den Versicherungsschutz und die Leistung der Anlage auswirken – ist also nicht erlaubt und zudem absolut nicht zu empfehlen.“
Wo muss der Speicher installiert werden?
Gehre: „Es gibt keine Vorschriften, wo ein Speicher sich zu befinden hat. Es sollte trocken sein, und sicher zugänglich sein. Genau wie jedes andere elektrische Gerät sollte auch der Speicher regelmäßig gewartet werden.“
Wo kann ein PV-Speicher entsorgt werden?
Gehre: „Photovoltaikspeicher unterliegen dem geltenden Batteriegesetz. Sowohl die Hersteller als auch die Verkäufer von Speichern sind dazu verpflichtet, ausgediente Geräte kostenlos von Verbraucherinnen und Verbrauchern zurückzunehmen und sie sachgerecht zu entsorgen bzw. zu recyclen. Kommunale Wertstoffhöfe nehmen Photovoltaikspeicher nicht an.“