6. Dezember 2019, 18:08 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Weihnachten stößt als Fest der Liebe nicht immer auf selbige. myHOMEBOOK-Redakteurin Odett Schumann macht sich nur wenig aus all dem Deko-Wahn. Für Kollegin Laura Graichen hingegen kann es gar nicht weihnachtlich genug geschmückt sein. Ein Fest, zwei Meinungen.
Für viele Haushalte gehört die Weihnachtsdeko zur Adventszeit dazu, gilt sogar als Art Tradition. Lichterketten, Christbaumkugeln, Gestecke aus Tanne und duftende Kerzen werden pünktlich zu Beginn der Weihnachtszeit in der Wohnung verteilt, um für ein festliches Flair zu sorgen. Andere Haushalte brauchen diesen Deko-Kitsch nicht, manche Menschen fühlen sich von ihm sogar belästigt. So auch myHOMEBOOK-Autorin Odett.
Odett: Warum ich gegen Weihnachtsdeko bin
Ja, ich gebe es zu: Ich bin kein großer Fan von weihnachtlichem Schmuck. Hier leuchtet etwas in Rot, da in Gold, es schimmert Lametta vom Baum und von irgendwoher bimmelt nervig ein Glöckchen. Nicht zu vergessen sind die unzähligen Lichter in den schillerndsten Farben, die blinken, blitzen, aufleuchten und was sie nicht alles noch so können. Für mich bedeutet dies eine einzige (audio-)visuelle Überreizung der Sinne!
Will ich Freunde besuchen und sehe schon von Weitem ein weihnachtliches Licht-Spektakel am Fenster, wie man es nur aus Las Vegas kennt, bin ich schon ein wenig verschreckt. Bittet mich dann eine ausgelassene Weihnachts-Elfe auf dem Fußabstreicher vor der Tür hinein in die „gute Wichtelstube“, zweifle ich, ob ich das wirklich will. Denn einmal eingetreten, erkennt man oftmals das eigentliche Inventar der Wohnung nicht mehr vor lauter Deko-Wahn. Ich verstehe nicht, wie man sich bei dieser desaströsen Reizüberflutung wohlfühlen kann. Genau darin liegt auch für mich die Antwort, wenn man mich als Interior Designerin fragt, warum ich es nicht mag „meine eigene Wohnung ein wenig weihnachtlich zu schmücken“. Ein gut eingerichtetes Zuhause braucht für mich kein Überangebot an Dekoration – auch nicht an Weihnachten. Gemütlichkeit zur Weihnachtszeit geht meiner Meinung nach auch ohne Kitsch-Szenerien wie man sie beispielsweise aus Amerika kennt. Ein feines Essen mit der Familie, gute Gespräche, ein warmes Zuhause, Ruhe zum Entspannen – all das macht für mich Besinnlichkeit aus, nicht aber ein wildes Potpourri aus Nussknackern, Girlanden, Christbaumkugeln und Pyramiden mit einem sich permanent im Kreis drehenden Weihnachtsmann.
Wie es zur Deko-Abneigung kam
Natürlich war meine Weihnachts-Deko-Antipathie nicht immer so ausgeprägt wie sie es heute ist. Oh, wie habe ich es als Kind geliebt, auf abendlichen Heimfahrten gemeinsam mit meiner Schwester wild leuchtende und bunt geschmückte Weihnachtsbäume in Häusern und Vorgärten zu zählen. Wer die meisten entdeckt hat, hatte gewonnen. Hätte ich da mal gewusst, dass dem Wahn keine Grenzen gesetzt sind. Und wie sollte es anders sein, wenn die eigene Kindheit am Rande des Erzgebirges stattfand, sah man nur selten ein Fenster ohne einen Schwippbogen.
Später, mit meinem Auszug bei meinen Eltern, wanderte natürlich auch ein wenig Weihnachtsschmuck mit, den ich die ersten Jahre in meinen Wohnungen auch noch schön brav aufstellte. Doch Jahr für Jahr wurde es weniger – heute findet sich in meiner Wohnung kein einziges weihnachtliches Deko-Element mehr, hurra! Zugegeben, ich habe Kerzen, die aber weder Rot noch Gold oder betörend weihnachtlich duftend sind. Mir reicht der alljährliche Besuch bei der Familie an Weihnachten. Ich „bewundere“ deren Baum und denke mir dennoch: brauche ich so nicht. Ich wäre allerdings durchaus bereit für eine moderne, ja vielleicht auch abstrakte, Version eines Weihnachtsbaums, der sich Jahr für Jahr wiederverwenden lässt und damit auch wesentlich nachhaltiger ist. Und natürlich ist der Einsatz von Lichterketten und Co. hierbei auf ein absolutes Minimum reduziert.
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Es ist mir schleierhaft wie man nach dem Totensonntag fast schon zeremoniell all seine Kisten mit Girlanden, Lichterketten, Christbaumkugeln, Nussknackern und Co. hervorkramen kann, um diese dann erst (!) Anfang Februar wieder mühsam zusammenzusuchen und zu verstauen. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass für die Supermärkte Weihnachten bereits Ende September beginnt. Naja und dann naht ja auch bald schon wieder Ostern…
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Laura: Warum ich für Weihnachtsdeko bin
Eigentlich habe ich für den Winter nichts übrig. Zu kalt, zu grau, zu trostlos. Mein einziger Lichtblick ist die Weihnachtszeit. Und wie könnte die ohne Lichterketten, Tannenzweige, dicke Kerzen, Christbaumkugeln oder kleine Weihnachtsmänner auskommen? Das wäre wie ein Sommer ohne Sonne, Silvester ohne Feuerwerk, die Liebe ohne rosarote Brille. Für mich undenkbar. Deshalb verwandle ich jedes Jahr meine Wohnung in ein Winterwunderland. Und ich liebe es!
Weihnachtsdeko ist nicht gleich Weihnachtsdeko
Dabei muss man ganz klar zwischen kitschigem Ramsch und festlicher Dekoration unterscheiden. Blinkende Lichterketten, sich abseilende Weihnachtsmänner in Lebensgröße und Rentiere, die bei jeder Bewegung „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ singen, gehen auch für mich zu weit. Aber was spricht gegen Leuchtmittel, die mit ihrem angenehm warmen Licht in der früh eintretenden Dunkelheit Licht spenden? Und gegen Gestecke aus Tanne, auf denen tiefrote Kerzen brennen und mit jedem weiteren Sonntag die Vorfreude auf den Heiligen Abend steigern?
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Weihnachtsdeko früh geprägt
Meine Begeisterung für Weihnachtsdekoration habe ich meiner Mutter zu verdanken. Jedes Jahr, pünktlich zum Totensonntag, werden die Kisten (sechs an der Zahl) mit Weihnachtsdeko aus dem Keller geholt. Mit Liebe zum Detail verteilt sie in der ganzen Wohnung Lichter, Figuren, Kugeln, Sterne und andere Deko-Elemente. Ihre Vorfreude und Begeisterung steckt sogar meinen Vater an, der ihr bei Michael Bublés Weihnachts-Hits tatkräftig beim Aufhängen von Tannengirlanden, Lichterketten und Schneeflocken hilft.
Waren Freunde in der Adventszeit zu Besuch bei uns, kamen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ihre offen stehenden Mündern konnten nur mit selbst gebackenen Keksen geschlossen werden – selbstverständlich auch in weihnachtlichen Formen und Motiven gestaltet. Um das Weihnachtswunderland gänzlich perfekt zu machen, fehlte eigentlich nur noch der dicke bärtige Weihnachtsmann himself in seinem roten Samtanzug, wie er abends mit seinen schweren Stiefeln durch die Wohnungstür kommt, seine Schlittenpeitsche und den Geschenkesack in die Ecke stellt und es sich mit einem Glas Milch und Plätzchen auf unserer Couch gemütlich macht.
Die schönste Tradition für Weihnachtsdeko
Mittlerweile wohne ich nicht mehr bei meinen Eltern. Umso mehr freue ich mich aber in der Weihnachtszeit, wenn ich bei ihnen zu Besuch bin. Denn in dem Moment, in dem ich über die „Ho Ho Ho“-Fußmatte trete, meine Schuhe ausziehe und Rentier-Hausschuhe gereicht bekomme und in Santas Zweitsitz eintrete, ist meine Welt wieder in Ordnung. Ich bin plötzlich wieder zehn Jahre alt, freue mich wie verrückt auf Heiligabend, den geschmückten Baum und die besinnliche Zeit mit der Familie, um die es bei all dem Trubel doch eigentlich hauptsächlich geht. Ach so, apropos: Bei Familie Graichen gibt es ein Weihnachtsdeko-Highlight, das traditionell erst am Heiligen Abend enthüllt wird. Bis 16 Uhr bleiben die Türen zum Wohnzimmer geschlossen, da meine Eltern den Baum aufstellen und schmücken. Erst wenn die kleinen Glöckchen läuten, dürfen wir eintreten und den leuchtenden und funkelnden Weihnachtsbaum bewundern. Und jedes Jahr wieder denke ich mir: Genauso mache ich das später auch, wenn ich Kinder habe.