27. Juni 2023, 15:09 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Home Staging ist ein Trend auf dem Immobilienmarkt, der in Deutschland immer beliebter wird. Dabei geht es um die Verbindung von ansprechendem Interior Design und geschickter Verkaufsstrategie. Kaufinteressenten bekommen damit einen besseren Eindruck, wie die Immobilie eingerichtet aussehen könnte. Wie viel Mehrerlös ist dabei drin?
Ob Privatperson, Immobilienmakler oder Projektleiter – viele setzen schon auf den Trend des Home Stagings. Angefangen hat die Praxis bereits in den 70er-Jahren in den USA und ist danach über Großbritannien und Skandinavien nach Deutschland gekommen. Durch die Netflix-Serie „Selling Sunset“ erfuhr diese Form der Immobiliengestaltung auch hierzulande weitere Bekanntheit. Doch was genau steckt dahinter? Erleichtert es tatsächlich den Verkauf? Und ist der Verkaufserlös wirklich höher? myHOMEBOOK hat mit einer Expertin über das Thema im Video-Interview gesprochen. Birgit Brauer-Ziem ist eine professionelle Home Stagerin aus Berlin. Sie erklärt, wie sie dazu gekommen ist, für wen es sich lohnt, und ob es wirklich so glamourös ist, wie es scheint.
Was ist Home Staging?
„Unter Home Staging versteht man die professionelle Vorbereitung einer Immobilie für den Verkauf“, sagt Birgit Brauer-Ziem. „Das kann man sich vorstellen wie bei einem gebrauchten Auto. Das wird auch vorher nochmal gereinigt und die Kratzer im Lack ausgebessert, damit es den besten Preis erzielt.“ Dabei spielt auch die entsprechende Zielgruppe für die Wohnung oder das Haus eine wichtige Rolle. „Und dann wird die Wohnung vorbereitet – mit Möbeln, Accessoires, Lampen und Bildern. Als ob der Interessent direkt darin wohnen könnte“, erklärt die Expertin. Im Video geht sie im Detail auf ihre Arbeit ein:
Im Grunde werden Immobilien also „entpersonalisiert“ und für die angesprochene Zielgruppe ansprechend und einladend eingerichtet. Es ist allerdings mitunter auch eine Herausforderung für Home Stager, etwa wenn die Verkäufer noch in der Immobilie leben.
Was passiert, wenn die Immobilie noch bewohnt wird, die verkauft werden soll?
In manchen Fällen kommt es vor, dass der Eigentümer die zu verkaufende Immobilie noch bewohnt. Das stellt für Home Stager weniger ein Problem dar als für den Bewohner, sagt Brauer-Ziem. „Das ist für den Eigentümer immer mit Disziplin verbunden. Das heißt, die flauschigen Handtücher, die ich mitbringe, darf man gar nicht benutzen, sondern sie sind nur für die Besichtigung da. Die Küche ist immer super aufgeräumt, es gibt Tagesdecken mit passenden Kissen und so weiter.“
In vielen Fällen müssen aber Bewohner gar nicht lange in diesem Zustand leben. Meistens verkaufe sich die Immobilie, wenn sie gestaged wurde, dann recht schnell.
Für wen lohnt sich Home Staging?
Home Staging ist nicht nur für Privatpersonen geeignet. In erster Linie richtet sich die Maßnahme auch an Immobilienmakler und an Projektleiter, die schnell verkaufen wollen. Wer sich für diese Art der Immobiliengestaltung entscheidet, muss immer etwas Aufwand in Kauf nehmen. Für wen lohnt sich der ganze Aufwand? Auf diese Frage antwortet Brauer-Ziem in nachfolgendem Video:
Wie sieht es mit der Wertsteigerung aus?
Home Staging kostet Geld – und das soll sich natürlich auch lohnen. Die Home Stager selbst erhalten ein bis drei Prozent vom Verkaufserlös. Allerdings müssen davon Möbel, die Spedition und der Fotograf bezahlt werden – der restliche Überschuss geht an die Verkäufer. Doch mit wie viel Mehrerlös kann man eigentlich konkret rechnen? Brauer-Ziem klärt im Video auf, wie viel Wertsteigerung wirklich drin ist:
Emotionen spielen also eine entscheidende Rolle beim Verkauf einer Immobilie. Und diese Emotionen lassen sich durch eine passende und ansprechende Einrichtung und Darstellung beeinflussen. Das geht natürlich nicht mit veralteten Möbeln. Home Stager müssen also immer wissen, was beim Interior Design gerade angesagt ist.
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Welche Einrichtungstrends sind gerade angesagt?
Alle paar Jahre ändern sich die Trends bei den Einrichtungsstilen. Hat man beispielsweise vor einigen Jahren noch viel auf Kupfer gesetzt, ist das Material inzwischen nicht mehr ganz so beliebt, weiß Brauer-Ziem. „Das Wiener Geflecht, ähnlich wie Rattan, habe ich jetzt seit etwa einem Jahr auf dem Schirm. Ich finde das auch ganz wunderschön“, schwärmt die Interior-Expertin. „Zudem kommt jetzt das Teddyfell – also Sessel, Kissen, die ganz flauschig sind, in Weiß oder Beige. Skandi ist und bleibt immer noch trendig.“
Das Thema Nachhaltigkeit spiele mittlerweile auch eine immer größere Rolle. Müssen wirklich alle Möbel neu gekauft werden? Und wie sieht es mit Upcycling aus? „Auch das Thema Homeoffice ist gefragt“, erklärt die Expertin. „Wie kann ich mir zu Hause einen Platz schaffen, wo ich auch noch arbeiten kann?“ Doch irgendwann ist jeder Trend wieder out – und Home Stager müssen wieder neue Möbel kaufen.
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Was passiert eigentlich mit den alten Möbeln?
Es wäre ganz und gar nicht im Sinne der Nachhaltigkeit, jedes Mal die Einrichtungsgegenstände zu entsorgen. Brauer-Ziem verkauft oder verschenkt alte Gegenstände. „Die Nachbarn hier bei uns in der Straße freuen sich, weil ich ganz oft einfach ‚Zu-Verschenken-Kisten‘ hinstelle. Das sind dann nicht die großen Möbel, sondern Kissen, Lampen und so weiter.“ Zudem gäbe es auch Facebook-Gruppen, wo man Möbel verschenken kann.
Wann dürfen Käufer die Einrichtungsgegenstände behalten?
Wenn Immobilien besichtigt werden, kann es mitunter vorkommen, dass die zukünftigen Käufer auch ein großes Interesse an der Einrichtung zeigen. Gekauft wie gesehen – so lautet das Motto. Leider sind die Möbel aber nicht im Preis inbegriffen, wie Brauer-Ziem in diesem Video erklärt:
Wird auch mal getrickst?
Manchmal trügt der Schein – auch Home Stager müssen in manchen Momenten tricksen. So kommt es vor, dass vermeintliche Möbel gar keine sind, verrät Brauer-Ziem. „Das ist ganz selten ein echtes Bett. Wir Home Stager versuchen, es so kostengünstig wie möglich für den Kunden zu halten. Wenn ich ein echtes Bett oder einen echten Kleiderschrank lagern, transportieren und aufbauen muss, kostet das viel Zeit und Geld. Und das braucht es gar nicht. Was ich zeigen muss, sind rund zwei mal zwei Meter für das Bett, und wie viel Platz es im Schlafzimmer einnimmt. Darunter stecken dann ganz andere Konstruktionen, teilweise aus einem Pappunterbau et cetera. Dann kommen Matratzen, Tagesdecke und ganz viel Bettwäsche und Kissen darüber, um es gemütlich zu machen.“
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In welche Richtung geht der Trend?
Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich Home Staging auch bei uns in Deutschland etabliert. Bisher nutzen es vorrangig Immobilienmakler oder Projektentwickler, aber auch Privatpersonen entdecken nach und nach die Vorteile, vor allem auch durch den gestiegenen Bauzins.
„Gerade mit den gestiegenen Zinsen verkauft es sich nicht mehr so schnell“, sagt Brauer-Ziem. „Dann braucht man mehr Verkaufsargumente und muss die Leute emotionaler packen.“ Und hier komme Home Staging ins Spiel.
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Nicht so glamourös, wie es scheint
Home Staging klingt nach einem Beruf mit Zukunft, allerdings sollten Interessenten wissen, dass es kein leichter Beruf ist. Es ist mitunter harte und schweißtreibende Arbeit. „Es sieht so glamourös aus, auf Instagram und Co. Und ist es auch toll zu sehen, wie sich eine Wohnung innerhalb von vier Stunden total verändert“, berichtet Brauer-Ziem.
„Das Anstrengendste und Aufwendigste ist aber tatsächlich, im Lager Kisten ein- und auszupacken, Regale neu aufzubauen, alles zu sortieren.“ Schließlich verfügen Home Stager über ein beachtliches Inventar und Lagerflächen. Und auch in den Immobilien wird auf- und abgebaut. Und das kann auch mal eine Dachgeschosswohnung bei sommerlichen Temperaturen sein.
Das komplette Video-Interview mit Birgit Brauer-Ziem sehen Sie auf unserem YouTube-Kanal.