3. September 2021, 20:37 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Sich in Sachen Erziehung mehr an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren, ist bei Eltern schon seit einiger Zeit hoch im Kurs. Das Pädagogikprinzip nach Montessori ist hier nur ein Konzept von vielen, das sich sogar auf die Einrichtung des Kinderzimmers übertragen lässt.
„Hilf mir, es selbst zu tun“, lautet der Kerngedanke der Montessori-Pädagogik und beabsichtigt, die Selbstbestimmung, Individualität und Unabhängigkeit eines Kindes zu fördern. Eltern müssen hierfür entsprechende Vorkehrungen treffen, den Rest soll der kleine Mensch ganz aktiv selbst erlernen. Die Philosophie von Montessori bezieht sich allerdings nicht nur auf die Erziehung, sondern lässt sich zudem auf die Einrichtung des Kinderzimmers übertragen. Dabei ist es keinesfalls nur für wohlhabende Haushalte gedacht. myHOMEBOOK-Redakteurin und Interior Designerin Odett Schumann erklärt, wie es geht.
Warum man das Kinderzimmer nach Montessori einrichten sollte
Möchte man ein Kinderzimmer nach Montessori einrichten, geht es vor allem darum, dass Eltern Möbel, Accessoires und Co. so arrangieren, dass die Selbstständigkeit, aber auch das Verantwortungsbewusstsein des Kindes gefördert wird. Andere Erziehungsmodelle, die nach dem Prinzip von Belohnung und Bestrafung funktionieren, sind in diesem Fall nicht (mehr) nötig. Das Kind schöpft seine Freude und Motivation am Lernen, laut der Methode von Montessori, aus seinen ganz eigenen Erfolgen. Und dabei kann auch die eigene Innenausstattung behilflich sein. Doch wie genau lässt sich die Montessori-Pädagogik auf die Einrichtung des Kinderzimmers übertragen?
Einrichten mit den Augen des Kindes
Um ein Kinderzimmer nach Montessori einzurichten, ist es wichtig, sich in das eigene Kind hineinzuversetzen und so an die Planung des Interieurs zu gehen. Es ist daher ratsam, sich bei allen Aspekten der Gestaltung an der Größe des Kindes zu orientieren. Da es deutlich kleiner ist als eine erwachsene Person, kommt es allein noch nicht an alle Schränke und Türen heran. Weil aber die Selbstständigkeit eines Kindes laut Montessori von großer Bedeutung für dessen Entfaltung ist, gilt es, das Kinderzimmer mit kindgerechten Möbeln einzurichten.
Die richtige Wahl der Möbel und Accessoires
Beabsichtigt man das Kinderzimmer nach Montessori einzurichten, sollte das Kinderbett idealerweise ein bodennahes Modell sein. So ist das Kind beim hinein- und herausklettern nicht auf Hilfe angewiesen und Eltern können sich für die Gute-Nacht-Geschichte besser mit dazulegen. Gemütliche Bodenkissen eignen sich optimal als Sitzmöbel und lassen sich mit einem kleinen Spieltisch kombinieren. Wandregale, Garderobenhaken oder Bilder gilt es tiefer als üblich zu hängen, denn nur dann sind alle Dinge gut für das Kind ersichtlich und jederzeit erreichbar. Hier und da kann auch ein kleiner Tritthocker hilfreich sein. Ein ähnliches Prinzip trifft auch auf die Aufbewahrung sämtlichen Spielzeugs zu. Laut Montessori ist dieses gut in offenen Körben und Boxen verstaut, wodurch das Kind selbst entscheiden kann, womit es gerade am liebsten spielen mag. Sind diese Staumöglichkeiten zusätzlich mit anschaulichen Bildchen versehen, wird dem Kind die Suche nach dem geliebten Spielzeug, aber auch das Aufräumen hinterher, erheblich erleichtert. Auch Bücher auf Wandleisten mit sichtbarem Titelbild sind im Alltag für Kinder einfach(er) zu handhaben.
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Einrichten nach Montessori – mit Sicherheit!
Weil Sicherheit bei der Einrichtung eines Kinderzimmers nach Montessori oberste Priorität hat, sieht das Pädagogikprinzip vor allem Möbel vor, die über keinerlei scharfe Kanten und spitze Ecken verfügen. Bestenfalls sind sämtliche Möbelstücke eher organisch geformt, also rund, oval oder andersartig geschwungen und haben weiche, abgerundete Möbelenden. Doch egal, welchem Typus das jeweilige Möbel entspricht – Schränke, Regale und Co. sollten in jedem Fall stets fest an der Wand gesichert werden. Auch die Beschaffenheit aller Möbel ist relevant und konzentriert sich vor allem auf Produkte, die frei von Schadstoffen sind und aus Naturmaterialien wie unbehandeltem Holz bestehen.
Einteilung in Spiel- und Schlafzone
Beim Einrichten nach Montessori empfiehlt es sich, das Kinderzimmer in zwei Bereiche einzuteilen, nämlich in die Spiel- und in die Schlafzone. Damit das Kind von allein erkennt, wo es toben und wo es ruhen kann, ist eine entsprechende Gestaltung erforderlich. Während des Spielens ist viel kindliche Kreativität gefragt, weshalb eine farbenfrohe Gestaltung sowie belebende Muster und Motive im Spielbereich die Fantasie des Kindes anregen. Demgegenüber steht die Schlafzone: Deren Gestaltung ist idealerweise minimalistisch und in sanften Pastell- oder Naturtönen gehalten. Ablenkende Faktoren wie grelle Farben oder blendende Lichter gilt es hier zu vermeiden, da sie den Schlaf des Kindes empfindlich stören. Gemütlich wird der Ruhebereich durch den Einsatz von dimmbaren Licht sowie einer eigenen kleinen „Schlafhöhle“. Diese lässt sich beispielsweise durch einen Baldachin sowie flauschigen Kissen, Kuscheltieren und Decken kreieren. Vor dem bodennahen Bett schafft ein weicher Teppich nicht nur genügend Komfort beim Aufstehen, sondern dient zugleich als Abgrenzung zum Spielbereich.
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Einrichtung realistisch statt abstrakt halten
Die Kinderzimmereinrichtung nach Montessori zielt vor allem auf eine realitätsnahe Gestaltung. Zu viel wilde Farbigkeit und abstrakte Motive schaffen eine künstliche Atmosphäre. Mittels natürlicher Farbnuancen, organischer Formen und Mustern mit tierischen Motiven lernen Kinder ihre Umwelt bereits im eigenen Zimmer kennen und verstehen. Auch in Sachen Spielzeug wird viel Wert auf Einfachheit gelegt, was den kindlichen Entdeckungsdrang fördern soll. Spielsachen sind aus unbehandelten Hölzern und geschlechtsneutral in Design und Funktion gehalten. Reizüberflutend wirkt – laut Montessori – hingegen Spielzeug, das zu künstlich anmutet, aus Plastik gefertigt ist und über zu viele Funktionen verfügt. Permanentes Blinken und laute Töne überfordern das Kind und lassen es schnell das Interesse verlieren. Spiele wie ein kleiner Kaufladen, in dem das alltägliche Leben in Rollenspielen nachgeahmt werden kann, sollen die Kreativität sowie die Entwicklung des Kindes animieren. Ideal seien vor allem Spiele, die aus Naturmaterialien wie Holz, Blumen oder Kastanien selbst gebaut werden können.