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Württembergische Metallwarenfabrik

Die Geschichte des Herstellers WMF

WMF
Das Unternehmen WMF kann auf eine lange Geschichte zurückblicken Foto: picture alliance / Snowfield Photography | Snowfield Photography

11. Juni 2024, 17:48 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Ältere Leser werden sich erinnern: Wenn sonntags die Verwandtschaft zum Essen kam, dann wurde das gute, das glänzende, weil nicht rostende Besteck herausgeholt. Und das war in den meisten deutschen Haushalten von WMF. myHOMEBOOK-Autor Andreas Kötter erklärt, was aus der Marke geworden ist.

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Die Geschichte der WMF GmbH, dem heute weltweit agierenden Hersteller von Haushaltswaren, Gastronomie- und Hotellerie-Waren, gleicht in mancherlei Hinsicht der vieler deutscher Unternehmen. So finden sich Schlagworte wie Börsengang, 2. Weltkrieg, weltweite Expansion und Stellenabbau auch in der Vita von WMF. Es gibt allerdings auch eine Reihe von Merkmalen, die das Unternehmen abheben. Aber der Reihe nach.

Die Anfänge von WMF

1853 von Daniel Straub und den Brüdern Louis und Friedrich Schweizer im baden-württembergischen Geislingen an der Steige noch als Metallwarenfabrik Straub und Schweizer gegründet, erhielt WMF seinen originären Namen, Württembergische Metallwarenfabrik (WMF), erst 1880.

Nicht ganz unwichtige Anekdote am Rande: von 1862 bis 1865 arbeitete auch ein gewisser Gottlieb Daimler für die Metallwarenfabrik Straub und Schweizer. Und natürlich handelte es sich dabei um den deutschen Ingenieur, Konstrukteur und späteren Unternehmer, der den ersten Viertakt-Motor entwickelte, der mit Benzin betrieben wurde. In den 1880er-Jahren baute Daimler dann die verschiedensten Motor-Fahrzeuge und ließ schließlich, nur kurz vor seinem Tod am 6. März 1900, einen Rennwagen bauen. Dieses Auto wurde nach Daimlers Tod auf den Namen Mercedes getauft, der Rest ist automobile Weltgeschichte.

Eine der ältesten deutschen Aktiengesellschaften – und doch sozialverträglich

Aber zurück zu WMF, das am 9. September 1887 an die Börse ging – was WMF zu einer der ältesten deutschen Aktiengesellschaften macht. Mittlerweile war das Unternehmen von dem Stuttgarter Fabrikanten und Politiker Gustav Siegle übernommen worden. Seine Nachkommen sollten fast 100 Jahre lang bis 1980 Mehrheitsaktionäre bei der Aktiengesellschaft bleiben.

In den 1880er-Jahren führte das Unternehmen einige, für die damalige Zeit längst nicht selbstverständliche Maßnahmen. So gründete man 1881 eine Betriebskrankenkasse mit Zwangsmitgliedschaft, aber auch mit überdurchschnittlichen Leistungen. 1883 folgte eine Betriebssparkasse, 1887 gründete man den WMF-Wohlfahrtsverein. Der bot den Angestellten und Arbeitern vom WMF soziale Leistungen an, die kostenlos waren oder ungewöhnlich günstig waren.

Apropos „kostenlos“: auch als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Preise für Fleisch immer weiter stiegen, sodass man sich den Sonntagsbraten kaum mehr leisten konnte, sprang das Unternehmen ein. So ließ WMF 1912 in Geislingen eine Halle bauen, die im Volksmund „Fischhalle“ genannt wurde und in die Firmengeschichte eingehen sollte. Hier konnten die Mitarbeiter — mittlerweile waren es mehr als 3000 –, Fisch zum Selbstkostenpreis bekommen.

Übrigens: die „Fischhalle“ steht noch immer. Allerdings gibt es dort heute weder Hering noch Forelle oder Lachs. Vielmehr ist hier seit mehr als vier Jahrzehnten der WMF-Fabrikverkauf, heute würde man sagen, das „Factory-Outlet“ untergebracht.

WMF-Haus in Berlin
Das historische WMF-Haus in Berlin wurde 1907 als Geschäftshaus der Württembergischen Metallwaren-Fabrik errichtet Foto: picture alliance / CHROMORANGE | Karl-Heinz Spremberg

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Cromargan bringt WMF-Produkten den Rang der „Unverwundbarkeit“

Schon seit 1927 ist eine der Marken unter dem WMF-Dach ‚Cromargan‘, später ‚Cromargan protect‘. Das Kunstwort, zusammengesetzt aus ‚Crom‘ (wegen des besonders hohen Chromanteils) und Argan (Argentum, lat. für Silber; glänzt wie Silber), steht für einen nicht rostenden Edelstahl mit hohem Chrom und Nickel-Anteil. Dieser Edelstahl war bereits 1912 bei Krupp entwickelt worden. Und hier kommt nun noch einmal das Sonntagsessen mit der Verwandtschaft ins Spiel. Cromargan wird bei WMF bis heute vor allem für Essbestecke und Küchengerätschaften, Töpfe und Tiegel, verwendet.

Düstere Zeiten während des 2. Weltkriegs

So glänzend die Produkte im tatsächlichen wie auch im übertragenen Sinne angesichts einer bis heute hervorragenden Qualität sind, ist auch bei WMF nicht alles Gold, glänzt. Wie bei vielen anderen deutschen Unternehmen der Fall, kennt aber auch die Geschichte von WMF düstere Zeiten.

So beschäftigte man ab 1944 in einem Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof mehr als 1000 Zwangsarbeiter, unter anderem 700 jüdische Ungarinnen. In diesem sogenannten Außenlager wurde nicht mit Gas gemordet, sondern es galt die Devise „Tod durch Vernichtung“. Die Arbeiter mussten hier, in Geislingen an der Steige, etwa Aggregat-Teile für den weltweit ersten Düsenjäger, die ME 262, produzieren. Davon erhofften sich die Nazis noch eine Wende des Krieges.

Wer krank wurde oder schwanger war, wurde zur Vergasung ins KZ Auschwitz transportiert, später, nach dessen Auflösung, auch nach Bergen-Belsen. Nicht unterschlagen werden soll aber, dass Überlebende später berichteten, dass WMF-Mitarbeiter den Arbeitern teilweise Lebensmittel und Medikamente zugesteckt hätten. Wie das zu bewerten ist, ob das geschah, um Arbeitskraft zu erhalten oder weil einige sich ihre Menschlichkeit bewahrt hatten, ist heute schwierig zu beurteilen. Wenn das heimlich geschah, wie „zugesteckt“ wohl vermitteln soll, würde das natürlich für die damaligen WMF-Mitarbeiter sprechen.

„Wir blicken meist stolz auf unsere 170-jährige Firmengeschichte zurück, aber die Zeit des NS-Regimes ist auch Teil unserer Historie“, heißt es seitens der WMF-Pressestelle auf myHOMEBOOK-Anfrage. „Während des Zweiten Weltkriegs wurde WMF zu einem Rüstungsunternehmen und nutzte auch weibliche KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit.“ Kurz vor Kriegsende wurden sie von den Amerikanern befreit.

„Die Verantwortung dafür tragen wir als Unternehmen bis heute“, so die Aussage der Pressestelle. „Wir bitten um Versöhnung und setzen uns dafür ein, dass sich diese Geschichte niemals wiederholt.“ Deshalb unterstützt WMF seit Jahren aktiv die Geislinger Initiative „Erinnern, Ehren, Versöhnen“.

Bauhaus-Design macht WMF-Produkte zum Must-have

Nach dem Krieg wuchs WMF weiter, und Mitte der 60er-Jahre hatte man die Mitarbeiterinnen-Zahl auf 6000 gesteigert. Die Produkt-Palette des Unternehmens, die längst nicht nur Bestecke, sondern auch Kleingeräte und auch Kaffeemaschinen umfasste, wurde jetzt immer mehr zum Must-have in deutschen Haushalten. Nicht nur, weil WMF damals für höchste Qualität stand (und bis heute steht), sondern auch, weil das Design der Produkte beeindruckte. Mit dem Produktdesigner Wilhelm Wagenfeld konnte man, wie man heute weiß, auf einen Pionier des deutschen Industrie-Designs setzen.

Der ‚Bauhaus‘-Schüler hatte 1954 die „Werkstatt Wagenfeld“ gegründet. Wie wenige andere hatte Wagenfeld die klare, minimalistische Designsprache nach dem Grundsatz „Form follows function“ verinnerlicht und mitgeprägt.

So entwarf Wagenfeld etwa die ikonische „Bauhaus“-Tischleuchte und für WMF etliche Cromargan-Produkte wie das Salz- und Pfefferstreuer-Set „Max und Moritz“, Eierbecher in verschiedenen Formen, eine Butterdose, ein Portions- sowie ein Milchkännchen und nicht zuletzt auch Bestecke, um nur einige seiner Entwürfe zu nennen. Viele dieser zeitlosen Entwürfe führt WMF auch heute noch im Programm. 

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WMF geht nach China

Zu Beginn der 1980er-Jahre galt WMF als altbacken, wurde dann aber durch den Wiesbadener Investor Wolfgang Schuppli, der 1985 für 60 Millionen D-Mark die Mehrheit an der WMF erwarb, erfolgreich saniert. Zu Beginn der Nuller-Jahre gründete man im chinesischen Heshan eigens eine Fabrik, in der seit 2010 Rohbestecke produziert werden. Immer wieder wechselten die Mehrheitsanteilseigner, bis das Unternehmen 2015 von der Börse genommen und in eine GmbH umgewandelt wurde.

In diesen Jahren kam es wiederholt auch zu einem Stellabbau und der Schließung von Filialen. 2016 übernahm schließlich die französische Groupe SEB, der unter anderem auch Krups gehört, die WMF 2016 für 1,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen gilt als Weltmarktführer für elektrische Haushaltskleingeräte und kündigte gerade erst den Bau eines Werkes für Kaffeemaschinen in China an. Die WMF ist heute an 40 Standorten weltweit vertreten und unterhält annähernd 200 firmeneigene Filialen im deutschsprachigen Raum.

Guter Ruf dank „Made in Germany“

„WMF, Qualität und klares Design, das gehörte schon immer zusammen. Mit Cromargan hatte man einen rostfreien Edelstahl entwickeln lassen, der zum Beispiel Bestecke auch noch nach Jahrzehnten wie neu erscheinen lässt. Und dieser gute Ruf besteht nach wie vor zurecht, zumindest dann, wenn es sich um Produkte mit dem Siegel ‚Made in Germany‘ handelt. Bei Produkten ‚Made in China‘ ist die Resonanz der Kunden dagegen nicht durchweg positiv, wie soziale Medien und Internetforen zeigen.“

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