1. November 2020, 15:43 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die gute alte Raufasertapete wird heute kaum mehr verwendet, da sie über die Jahre sehr an Beliebtheit eingebüßt hat. Warum ist das eigentlich so? Und wieso war diese Art der Wandgestaltung einst so gefragt?
Nach den Normen der Tapetenindustrie ist die Raufasertapete mit ihren eingearbeiteten Holzfasern eigentlich gar keine Tapete. Dazu wird sie erst, wenn sie an der Wand klebt und auch gestrichen wurde. Es liegt jedoch nicht an diesem Umstand, dass die Raufasertapete heute fast schon in Vergessenheit geraten ist. Auch wenn viele Wände in deutschen Wohnungen noch mit ihr bedeckt sind, hat sich der Geschmack in eine andere Richtung entwickelt. Heute sieht man immer häufiger bunte oder raffiniert gemusterte Tapeten – oder einfach nur verputzte und tapetenlose Wände.
Die Geschichte der Raufasertapete
Dabei ging die Beliebtheit der Raufaser in bisweilen rasender Fahrt mal nach oben. Erfunden hat sie wohl Hugo Erfurt im Jahr 1864. Die Tapetenfabrik Erfurt bestreitet bis heute einen Großteil des Umsatzes mit den „überstreichbaren Wandbelägen“.
Ihren ersten großen Aufschwung erlebte die Tapete mit dem Bauhaus. Für die revolutionäre Lehranstalt (1919 – 1933) war die einfarbige Wand der Gegenentwurf zum biedermeierlichen und kleinbürgerlichen Ornament. Die schmucklose Wand wurde zur Avantgarde erklärt. In den siebziger Jahren war kurz die Neigung zu poppigen und großformatigen Dessins aufgeflammt, dem aber in den Achtzigern eine Rückbesinnung auf die eher kahle Wandgestaltung folgte.
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Warum hat die Raufasertapete so einen schlechten Ruf?
Trotz ihrer noch immer weiten Verbreitung kämpft die Raufasertapete mit einem schlechten Ruf. Einst als Waffe gegen Mief und Konventionen eingesetzt, steht sie seit Jahren selbst hartnäckig in dem Verdacht, ein Zeichen für Spießigkeit und Langeweile zu sein. Wenn schon keine gemusterte Tapete, dann doch wenigstens, so der Dekotrend, gespachtelte oder fein verputzte Wände. In jenen Milieus ist Raufaser das Material von gestern, der Liebling der vorigen Generation.
Welche Vorteile hat Raufasertapete?
Raufaser war stets preiswert, und ist es auch noch heute. So gibt es den Quadratmeter Raufaser bereits ab 50 Cent. Zudem ist die Tapete ungeheuer praktisch und robust. Einfach überstreichen, schon hat das Zimmer einen neuen Look. Raufaser erleichtert das Renovieren ungemein, selbst der Laie bringt sie mit etwas Glück und Geschick an die Wand.
Wer nach einem Umzug Raufaser vorfindet, ist erst einmal erleichtert: Ein neuer Farbauftrag nach eigenem Geschmack und man fühlt sich im neuen Heim zu Hause. Das unkomplizierte Überstreichen – auch mehrfach – ist einer der größten Vorteile von Raufasertapete. Allerdings sollte man bei einer neuen Raufasertapete mit dem Streichen rund zwölf Stunden warten, bis der Kleister komplett abgebunden hat.
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Mit welcher Farbe kann man eine Raufasertapete überstreichen?
In der Regel greift man beim Streichen von Raufasertapete zu Dispersionsfarbe – egal, ob weiß oder bunt. Eine Alternative sind die etwas hochwertigeren Silikatfarben. Auch zum Überstreichen einer bereits gestrichenen Raufasertapete bietet sich Dispersionsfarbe an.
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Welche Alternativen gibt es?
Tapete ist heutzutage fast schon ein Nischenprodukt bei der Wandgestaltung. Nicht nur die Raufaser-, sondern auch andere Tapeten gelten oft als nicht mehr zeitgemäß. Beliebter ist da noch die Vliestapete, die allerdings etwas schwerer ist. Diese Alternativen zur Raufasertapete gibt es:
- Vliestapeten sind sehr beliebt und leicht zu verarbeiten. Diese Tapeten kann man auch direkt an der eingekleisterten Wand anbringen.
- Papiertapeten bestehen komplett aus Papier und sind etwas komplizierter anzubringen.
- Vinyltapeten haben eine ganzflächige PVC-Beschichtung. Man kann sie leicht abwischen, sie eignen sich vor allem in feuchten Räumen oder in der Küche.
- Strukturtapeten besitzen eine profilierte Schaumschicht, die für räumliche Tiefe und weiche Haptik sorgt.
- Fototapeten sorgen für großflächige Bilder an der Wand. Dabei sollte man beim Auftragen der Bahnen sauber arbeiten.
- Textiltapeten bestehen aus einer Stoffschicht und einem Träger aus Papier oder Vlies. Sie sind strapazierfähig, unkompliziert und verbessern das Raumklima.
Hinweis: Achten Sie beim Tapetenkauf auf das RAL-Siegel. Das Symbol garantiert eine gesundheitliche Unbedenklichkeit. Zudem zeichnet der „Blaue Engel“ umweltfreundliche Produkte aus.