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Nur der Name ist geblieben

Was wurde eigentlich aus AEG? Aufstieg und Fall eines deutschen Weltkonzerns

AEG
Mit AEG ging es im Lauf der vergangenen Jahrzehnte immer weiter bergab. Wie kam es dazu? Foto: picture alliance / dpa | Stephanie Pilick

21. Juli 2024, 6:24 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

AEG galt mit seinem Leitspruch „Aus Erfahrung gut“ als einer der größten Elektronik-Konzerne weltweit. Am Anfang aber, 1881, stand nur als eine Vision – die von Emil Rathenau. Vom Aufstieg und Fall eines Elektronik-Weltkonzerns aus Deutschland.

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Rathenau hatte schon sehr früh das Zukunftspotenzial von Elektrizität und Elektrotechnik erkannt. 1881 erwarb er daher die Lizenz für die Patente auf die Erfindungen des Erfinders Thomas Edison, der im kollektiven Bewusstsein vor allem für die flächendeckende Elektrifizierung von New York steht. So firmierte Rathenaus 1883 gegründete Berliner Firma zunächst auch unter dem Namen Deutsche Edison-Gesellschaft. Nur vier Jahre später aber erfolgte die Umbenennung in Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft, kurz AEG. Ein Kürzel, das in den kommenden Jahrzehnten erst nationalen und dann auch Weltruf erlangen sollte.

Den späteren Aufstieg bereitete Rathenau mit klugen strategischen Entscheidungen vor. So wurde 1907 der Designer und Architekt Peter Behrens verpflichtet, der vielen als Übervater des Industriedesigns gilt. Behrens sollte das stetig wachsende Bedürfnis der Menschen nach Produkten stillen, die nicht nur gut funktionierten, sondern auch noch gut aussahen. Er war es, der erstmals einem Industrieunternehmen ein sichtbares, unverwechselbares Erscheinungsbild gab. Diese Corporate Identity, wie man heute sagt, durchdrang nahezu alle Bereiche. So schuf Behrens nicht nur das AEG-Logo und den gesamten Werbe-Auftritt des Unternehmens. Er zeichnete auch für das Produkt-Design und das Aussehen der Gebäude-Architektur verantwortlich.

Aufstieg in den Olymp der Weltkonzerne

Heute mag man die Marke AEG vor allem mit Wasch- und Spülmaschinen, mit Staubsaugern und anderen elektrischen Haushaltsgeräten in Verbindung bringen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aber produzierte AEG (fast) alles, was mit Elektrizität betrieben wurde – und noch mehr. So gehörten unter anderem elektrische Gebäudeheizungssysteme, Straßenbahnen, (Elektro-)Lokomotiven ebenso zum Portfolio, wie Flugzeuge, Kraftfahrzeuge und Haushaltsgeräte. Die Erfolgsgeschichte nahm nun immer mehr Fahrt auf, und selbst der 2. Weltkrieg konnte AEG nicht stoppen. Wie die meisten deutschen Großunternehmen lud allerdings auch AEG Schuld auf sich. 1942 waren rund 35 Prozent der 175.000 Arbeitskräfte Zwangsarbeiter, in manchen Abteilungen waren es gar 60 Prozent.

Der Eingang zum ehemaligen AEG-Werk in Berlin-Wedding
Der Eingang zum ehemaligen AEG-Werk in Berlin-Wedding Foto: picture alliance / imageBROKER | Karl F. Schöfmann

Nach Ende des Krieges erfolgte der Umzug der Konzernzentrale von Berlin, wo die Situation als „geteilte Stadt“ einen großen Wettbewerbsnachteil bedeutete, nach Frankfurt/Main. Man führte nun den smarten, enorm werbewirksamen Claim, „AEG – Aus Erfahrung gut“ ein. Mit dem Modell Lavamat 1958 stellte man den ersten Vollwaschautomaten vor. Anfang der 1960er-Jahre erwirtschafteten die damals bereits rund 130.000 Beschäftigen einen Umsatz von 3,1 Milliarden D-Mark. Zehn Jahre später zählte die AEG-Telefunken AG – 1967 hatte man den deutschen Unterhaltungselektronik-Hersteller aufgekauft –, mit rund 180.000 Mitarbeitern zu den zwölf größten Elektronikkonzernen der Welt.

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Vergleichsantrag und Verkauf von AEG

Wie so oft aber in der Geschichte erfolgreicher Wirtschaftsriesen wurden auch bei AEG die größten Fehler im größten Erfolg gemacht. So belastete der aufgeblähte Verwaltungsapparat mit allein fast 1000 Mitarbeitern in der Frankfurter Konzernzentrale zunehmend die Entscheidungsprozesse. Zudem ließ bisweilen auch die Qualität einiger Produkte zu wünschen übrig. Der einst gefeierte Slogan wurde im Volksmund verballhornt. Angesichts von „AEG – Alles ein Gammel“, „AEG – Auspacken, Einschalten, Geht nicht“ oder wahlweise „AEG – Auspacken, Einschalten, Garantiefall“ war bei AEG verständlicherweise niemandem zum Lachen zumute.

AEG-Telefunken war schlichtweg zu groß, zu unbeweglich geworden. Der Vergleichsantrag, den die Verantwortlichen am 9. August 1982 stellten, war zumindest für Wirtschaftsexperten keine große Überraschung mehr. Zu retten war AEG selbst mit dem Darlehen eines Bankenkonsortiums über 1,1 Milliarden Mark nicht mehr. Drei Jahre später, 1985, übernahm die Daimler-Benz AG den längst defizitären Elektronik-Konzern für den gigantischen Kaufpreis von 1,6 Milliarden D-Mark – was die bis dahin größte Übernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte bedeutete. Der damalige Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter träumte von einem „integrierten Technologie-Konzern“. Ein Traum aber, der Reuter schon bald Alpträume bescheren sollte.

„Aus Erfahrung gut“ steht auf einer AEG-Flagge am Hausgerätewerk in Nürnberg im Jahr 2005
„Aus Erfahrung gut“ steht auf einer AEG-Flagge am Hausgerätewerk in Nürnberg im Jahr 2005 Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Daniel Karmann

Die AEG Aktiengesellschaft wird im Handelsregister gelöscht

Denn auch heute, mit dem Abstand von fast 40 Jahren, lässt sich über diese Übernahme sagen, dass sie die mit Abstand desaströseste Entscheidung in der Geschichte von Daimler-Benz war. So bezifferte der streitbare Wirtschaftswissenschaftler Ekkehard Wenger vor einigen Jahren die Kosten des Konzernumbau-Versuchs auf 36 Milliarden Mark. Für den mittlerweile emeritierten Würzburger Professor war es schlichtweg die „größte Kapitalvernichtung, die es jemals in Deutschland zu Friedenszeiten gegeben hat“, wie er im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ sagte.

So stieß Daimler-Benz ab Beginn der 1990er-Jahre in unschöner Regelmäßigkeit zunächst einzelne Sparten ab. Die AEG Elektrowerkzeuge GmbH wurde 1992 an die schwedische Atlas Copco verkauft, die AEG Haushaltsgeräte GmbH 1994 an den schwedischen Hausgeräte-Konzern Electrolux. Und zwei Jahre später wurde das Ende von AEG als international agierendes Unternehmen auch auf dem Papier besiegelt: am 2. Oktober 1996 wurde die AEG Aktiengesellschaft im Handelsregister von Frankfurt/Main gelöscht. Damit war AEG als Unternehmen endgültig Geschichte. Der Markenname aber sollte überleben.

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Das Logo lebt weiter

Denn bei Electrolux war man offensichtlich davon überzeugt, dass das Kürzel AEG nach wie vor eine Strahlkraft hat. Zurecht, wie 2019 Marketingexperte Martin Fassnacht in einem Interview mit dem „Münchner Merkur“ darlegte. „Es kostet sehr viel Geld, neue Marken aufzubauen“, so der Professor für Strategie und Marketing an der WHU Düsseldorf. „Da kann es der günstigere Weg sein, sich eine vorhandene Marke zu sichern – vorausgesetzt, sie weckt positive Assoziationen bei den Verbrauchern.“ Und die „TAZ“ nannte es kurz und prägnant „ein Logo, das einfach nicht kaputtzukriegen ist.“

Und so findet man das AEG-Signet seit 2013 wieder auf allem, womit Electrolux in Deutschland den Haushalt erleichtern will. Ob Kühlschrank, Waschmaschine, Induktionskochfeld, Luxus-Kaffeevollautomat oder Saugroboter – auch heute glaubt die Kundschaft offensichtlich daran, dass AEG-Geräte „Aus Erfahrung gut“ sind. Made in Germany allerdings sind sie nur noch selten. Electrolux lässt vor allem in Italien und Polen produzieren. Von den früheren deutschen AEG-Produktionsstätten ist nur noch das Werk in Rothenburg ob der Tauber im Dienst.

Electrolux vertreibt heute Produkte unter dem Namen AEG

„‚AEG – Aus Erfahrung gut‘ – ein Werbeclaim, lange wie in Stein gemeißelt und aus einer Zeit, als Werbung bisweilen noch hielt, was sie versprach. Und doch geriet auch die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) im Laufe des vergangenen Jahrhunderts immer mehr ins Straucheln, je größer sie wurde. Am Ende stand 1996 schließlich die buchstäbliche Auslöschung des einstigen Weltkonzerns (im Handelsregister von Frankfurt). Heute gehört der Markenname AEG dem schwedischen Hausgeräte-Konzerns Electrolux, der seine Produkte in Deutschland unter dem Namen AEG vertreibt.“

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