19. Januar 2024, 12:52 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Bäume, Sträucher und Hecken an der Grundstücksgrenze führen oft zu Streitigkeiten unter Nachbarn. In diesem Fall kontaktierte eine myHOMEBOOK-Leserin die Redaktion und schilderte ihren Fall von zwei Bäumen, die ihrer Ansicht nach zu nah an der Grenze gepflanzt wurden. myHOMEBOOK hat einen Anwalt dazu befragt.
Stehen Bäume zu nah an der Grundstücksgrenze, kann es schnell passieren, dass der Nachbargarten beschattet wird. Schlimmstenfalls endet die Situation in einem Nachbarschaftsstreit. Dabei geht es neben der Höhe der Bäume vor allem auch um den Abstand zur Grenze – und auch um das Alter des Baumes. Das Perfide daran: Nachbarschaftsrecht ist in Deutschland Ländersache. In diesem Fall kontaktierte uns myHOMEBOOK-Leserin Delia M. aus Baden-Württemberg und schilderte ihr Problem mit der Bepflanzung an der Grundstücksgrenze.
Bäume an der Grundstücksgrenze – Leserin schildert die Situation
Genau genommen geht es sogar um zwei Fälle beziehungsweise Bäume, wie Delia M. beschreibt. „Ein Rotahorn steht seit vielen Jahren auf dem Nachbargrundstück“, schildert die Leserin. Der Abstand zur Grenze bemesse dabei rund 2,20 Meter. „Der Vorbesitzer hat den Baum immer zurückgeschnitten, damit er unsere Fenster nicht beschattet“, erklärt Delia M. Der neue Besitzer würde sich allerdings weigern. Inzwischen sei der Rotahorn sieben Meter hoch. Der Nachbar lehne einen Rückschnitt ab.
Doch damit nicht genug. „Weiter hat der neue Nachbar vor einem Jahr eine Weide gepflanzt an der Grenze“, schreibt Delia M. Der Abstand betrage hier nur 1,20 Meter. Mittlerweile sei die Weide fast vier Meter hoch – und wird auch noch weiter in die Höhe und Breite wachsen. Auch dieser Baum müsste entfernt werden, schreibt Delia M. Aber auch das werde verweigert.
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Was sagt der Anwalt?
Diesen Fall hat myHOMEBOOK zum Anlass genommen und bei Thomas Pliester aus Mönchengladbach angefragt. Pliester ist unter anderem Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht – und kennt sich neben Hecken auch mit Bäumen an der Grundstücksgrenze aus.
„Der Fall ist eigentlich klar“, meint der Anwalt, als er sich die Situation mit dem Rotahorn anschaut. „Hier dürften 2,20 Meter nicht ausreichen.“ Ein Blick in das baden-württembergische Nachbarschaftsrecht, Paragraf 16, bestätigt seine Meinung. „Der Baum steht in der Abstandsfläche.“ Eigentlich müsste er mindestens vier Meter von der Grenze entfernt sein. „Das hätte der Nachbar monieren können“, meint der Anwalt. Allerdings habe man dafür nur fünf Jahre Zeit, sonst sei die Bepflanzung bereits lange genug geduldet worden. Laut Delia M. stehe der Rotahorn dort aber bereits seit „vielen Jahren“.
Allerdings: „Der Nachbar muss den Überhang beseitigen“, erklärt Pliester. Dagegen könne er sich auch nur wehren, wenn er aus etwaigen Gründen nicht zurückschneiden darf, etwa weil es die Baumschutzsatzung untersagt.
Anders sehe es allerdings bei dem anderen Baum an der Grundstücksgrenze aus. „Die Weide muss entfernt werden“, sagt Pliester zum zweiten Fall. Der Abstand von 1,20 Meter sei für einen Baum wie eine Weide viel zu gering. Diese Bäume seien bekannt für ihre Größe, weshalb sie auch unter eine andere Kategorie im baden-württembergischen Nachbarschaftsrecht fallen. Demnach müsse hier sogar ein Abstand von acht Metern eingehalten werden. „Und zwar zu beiden Seiten“, ergänzt Pliester. Da die Weide laut Delia M. erst vor rund einem Jahr gepflanzt wurde, müsse der Nachbar diese entfernen.