29. Oktober 2021, 14:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Viele versuchen im Sinne der Nachhaltigkeit ihren Plastikkonsum drastisch zu reduzieren. Statt zu herkömmlichem Plastik greifen sie zu Bioplastik – doch ist das wirklich die bessere Wahl?
Der Begriff „Bioplastik“ suggeriert, dass es sich dabei um eine nachhaltige Plastikvariante handelt. Dabei sind weder die Rohstoffe noch die Produktion oder die Entsorgung umwelt- oder klimafreundlicher als bei fossilem Plastik.
Was ist Bioplastik eigentlich?
Die Biomasse stammt zwar aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Zuckerrohr oder Zellulose, weshalb Bioplastik oft als „biobasiert“ gekennzeichnet ist. Für die Erzeugung der pflanzlichen Rohstoffe werden aber nicht nur Böden, Dünger und Pestizide verbraucht. Es ist auch viel Energie notwendig, die bei der Verbrennung völlig verloren geht, wie der WWF informiert. Das Material besteht außerdem zum Teil trotzdem auch aus fossilen Rohstoffen, sogenannten Polymeren.
Hinzu kommt, dass es keine einheitliche Definition des Begriffs gibt: „Bio“ kann sich auf die Produktion aus nachwachsenden Rohstoffen oder eine mögliche biologische Abbaubarkeit oder auch beides beziehen. Insgesamt ergeben sich daraus drei Arten von Bioplastik:
- Erdölbasiert und biologisch abbaubar
- Biobasiert und biologisch abbaubar oder kompostierbar
- Biobasiert und nicht biologisch abbaubar
Das bedeutet wiederum, dass der Begriff auch Materialien beinhaltet, die organisch hergestellt, aber nicht biologisch abbaubar sind. Andernfalls können sie zwar biologisch abbaubar sein, aber zu Teilen aus Erdöl bestehen.
Was bedeutet „biologisch abbaubar“?
Laut Definition des Deutschen Institut für Normung (DIN) in 16208 bedeutet „biologisch abbaubar“:
„Die biologische Abbaubarkeit umfasst die Eigenschaft eines Stoffes, durch Mikroorganismen in Anwesenheit von Luftsauerstoff zu Kohlendioxid, Wasser, Biomasse und Mineralien sowie unter Luftabschluss zu Kohlendioxid, Methan, Biomasse und Mineralien zersetzt zu werden, wobei kein Zeitraum definiert ist.“
Deutschen Institut für Normung (DIN)
Deshalb sind keine allgemeingültigen Angaben zur Dauer der Zersetzung möglich, da sie mitunter von folgenden Faktoren abhängig ist:
- Temperatur,
- Sauerstoff,
- Feuchtigkeit,
- Salzgehalt,
- UV-Einstrahlung,
- vorhandene Mikroorganismen.
Ein Großteil der Produkte aus Bioplastik, die als „biologisch abbaubar“ gekennzeichnet sind, lassen sich zudem nur unter sehr speziellen Bedingungen abbauen, die in der Umwelt kaum gegeben sind.
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Müllverwertung nicht für Bioplastik geeignet
Und auch die Müllverwertung ist nicht für Bioplastik ausgelegt. Bioplastik benötigt eine längere Verweildauer im Kompostwerk, das in Deutschland und vielen anderen Teilen der Welt nicht darauf ausgelegt ist. Häufig werden biologisch abbaubare Kunststoffe auch in der Müllverwertungsanlage aussortiert und verbrannt, da sie schwer von herkömmlichem Kunststoff trennbar sind – das ist vor allem bei Tüten der Fall. Dadurch landet Bioplastik überwiegend im Restmüll und stellt dadurch sowohl eine Ressourcenvernichtung als auch Energieverschwendung dar, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., kurz BUND, verdeutlicht.
Ohne ein spezielles Recyclingverfahren kann Bioplastik also nicht recycelt werden. Außerdem führt die fälschliche Annahme, dass es verrotten kann, zu einer Wegwerfkultur, die nicht in Einklang mit dem Ziel der Abfallvermeidung und des Umweltschutzes ist.
Fazit: Bioplastik ist keine gute Alternative zu fossilem Plastik
Weder herkömmliches Plastik noch Bioplastik sollten in die Umwelt gelangen. Daher ist es am besten, auf beides zu verzichten, um Kunststoffe generell zu reduzieren. Sollte man Bioplastik unbedingt verwenden wollen, ist es nur dann nachhaltiger und sinnvoll, wenn es Einsatz in langlebigen Anwendungsbereichen findet.
Bioplastik ist auch dann nur umweltfreundlicher als erdölbasierter Kunststoff, wenn die Gewinnung der Rohstoffe nachhaltig ist und ein Wertstoffkreislauf gegeben ist. Das würde bedeuten, dass man biobasiertes sowie biologisch abbaubares Plastik in einem darauf ausgelegten System sammelt, verarbeitet und letztlich wiederverwertet.
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Europäische Kommission will für mehr Klarheit sorgen
Schritte in diese Richtung hat sich die Europäische Kommission zum Ziel gemacht. Zum einen gilt es, klar zu bestimmen, welche Kunststoffe als „biologisch abbaubar“ oder „kompostierbar“ gelten dürfen und wie sie entsorgt werden sollen. Zum anderen sollen diese Begriffe auch klar definiert werden, woraus sich wiederum ergibt, wann welche Bioplastik-Arten vorteilhaft sind.