10. Mai 2024, 10:26 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Je nach aktueller Entwicklung an der Strombörse steigt oder fällt auch der Preis für Energie. Diese Preisspanne machen sich dynamische Tarife zunutze. Nun gibt es mit Tado einen neuen Anbieter auf dem Markt. myHOMEBOOK hat sich den Tarif genauer angeschaut – und bei einem Experten nachgefragt.
Zu Zeiten, zu denen die Sonne viel scheint oder mehr Wind weht, ist auch der Strom auf dem Energiemarkt günstiger. Denn in diesen Fällen lässt sich mehr Solarenergie beziehungsweise Windkraft erzeugen. Experten sprechen dabei auch von „dynamischen Stromtarifen“. Ein neuer Anbieter in diesem Sektor ist das Münchner Unternehmen Tado, das sich bisher auf Energiemanagement-Lösungen für Haushalte konzentrierte. Jetzt bietet Tado einen dynamischen Stromtarif mit Start am 7. Mai 2024, der laut eigener Aussage bis zu 35 Prozent Ersparnis bieten soll. myHOMEBOOK hat bei einem Energie-Experten nachgefragt, für wen sich der Stunden-Tarif von Tado lohnen kann.
Wie funktioniert ein dynamischer Stromtarif?
Dynamische Stromtarife sind relativ neu auf dem Markt. Tado zählt zu den Vorreitern in diesem Bereich. Ab dem Jahr 2025 sollen alle großen Energieversorger in Deutschland diese Art des Stromtarifs anbieten. Der Clou: Mit einer eigenen Energiemanagement-Software können Haushalte ihren Stromverbrauch auf Zeiten verlagern, in denen besonders viel Sonnen- und Windenergie verfügbar ist. Denn dann ist dieser an der Europäischen Strombörse besonders günstig. Bis zu 35 Prozent Ersparnis ist laut Aussagen von Tado möglich – durch „die automatische Verlagerung ihres Energieverbrauchs in günstige Stunden.“ Zudem wird der Strom komplett aus regenerativen Energien gewonnen.
„Endkunden können damit erstmals von den Preisschwankungen profitieren. Sie bekommen den Strom stündlich genau abgerechnet, anstatt einen durchschnittlichen Strompreis an ihren Energieversorger zu bezahlen“, erklärt Philip Beckmann, CEO von Tado. Die Bepreisung läuft dabei im Stundentakt. Tado kauft den Strom über das Tochterunternehmen „Awattar“ stündlich an der Strombörse ein. Awattar wurde 2022 von Tado aufgekauft.
Dynamische Stromtarife
„Dynamische Tarife sind aktuell ein heißes Thema“, weiß Holger Schneidewindt, Referent für Energierecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Die Tarife sind an den Großhandelsmarkt für Energie gekoppelt. Hier sind die Preise sehr volatil“, erklärt der Experte auf myHOMEBOOK-Anfrage. Gehandelt werden diese entweder im Viertelstunden- oder Stundentakt. „Hier kann es hoch- und runtergehen“, sagt Schneidewindt.
Was kostet der Tarif?
Die Börsenpreise gibt Tado direkt an die Kunden weiter. Dazu kommen noch Netzentgelte, Steuern und sonstige Abgaben. Zudem gibt es einen Aufschlag von 1,785 Cent pro Kilowattstunde für das Ökostromzertifikat – denn die Energie bei Tado kommt aus regenerativen Quellen. Tado erhebt zudem eine monatliche Gebühr von 4,58 Euro. Kunden können den Tarif monatlich kündigen. Ist der Strompreis bei einem Überschuss an Energie negativ, bekommen Kunden für das Laden des Elektroautos oder den Betrieb ihrer Wärmepumpe sogar Geld zurück, heißt es seitens des Anbieters.
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Für wen lohnt sich der Tarif?
Von der flexiblen Preisgestaltung können Kunden profitieren, die einen Großteil ihres Verbrauchs anpassen können – und zwar im Stundentakt und in Echtzeit. Haushalte, die Heizung und Warmwasser über eine Wärmepumpe steuern oder ihr Elektroauto an der eigenen Wallbox laden, können selbst festlegen, zu welchen Zeiten der Speicher oder das Auto geladen wird. Danach richtet sich auch der Preis. Im Schnitt soll man laut Tado beim E-Auto rund 300 Euro pro Jahr sparen, bei einer Wärmepumpe sollen es 430 Euro sein.
„Es ist nicht ganz leicht, die dynamischen Tarife zu verstehen“, erklärt Energiereferent Schneidewindt. Er empfiehlt, vor Vertragsabschluss einen Blick in die AGBs zu werfen. „So etwas schließt man erst ab, wenn man es auch verstanden hat.“ Zudem handle es sich dabei immer auch um eine „Wette auf die Zukunft“, wie Schneidewindt resümiert. Niemand könne die Entwicklungen auf dem Energiesektor voraussagen. „Wenn die Preise nach oben schießen, hängt man dran“, warnt der Experte.
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Das ist der Haken am Tado-Tarif
Allerdings gibt es einen Haken bei dynamischen Tarifen – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt. „In Deutschland brauchen wir einen Hightech Smart Meter dafür“, weiß Schneidewindt. Dieser koste zusätzlich Geld, zudem müsse man erst einmal einen bekommen. „Ohne wird das nichts.“
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Smart Meter sind intelligente Stromzähler, die aktuell eingeführt werden und ab 2025 Pflicht werden sollen. „Ein solcher Zähler kann beim lokalen Netzbetreiber oder den regionalen Stadtwerken angefragt werden“, heißt es von Tado. In einigen Regionen sei ein Zählertausch auch kostenfrei. Bis zum Tausch des Zählers gelte ein Tarif, der sich monatlich dynamisch an die Strombörse angleicht. Ob Tado ein Smart Meter auch einbauen würde – und vor allem auch zu welchem Preis –, ist aktuell nicht bekannt. „Was den Einbau von Smart Metern angeht, loten wir momentan gerade verschiedene Optionen aus“, erklärt eine Tado-Sprecherin. Dazu würden etwa Partnerschaften mit Smart-Meter-Anbietern zählen.