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Fernwärme nutzen – die wichtigsten Fragen und Antworten

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myHOMEBOOK Redaktion

10. Juni 2023, 5:32 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Klimawende, Energiewende – und Wärmewende: Immer geht es darum, künftig keine klimaschädlichen Gase mehr zu produzieren. Im Wärmesektor soll Fernwärme eine wichtige Rolle spielen. Der Weg zur Klimaneutralität ist allerdings noch weit.

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Wie können Heizung und Warmwasserzubereitung bis 2045 klimaneutral werden? Nach dem Willen der Bundesregierung soll Fernwärme dabei eine wichtige Rolle spielen. Schon jetzt wird etwa jede siebte Wohnung in Deutschland mit Fernwärme beheizt. Und in Zukunft? Ein Überblick.

Was ist Fernwärme überhaupt?

Fernwärme ist Wärme, die nicht im Wohnhaus erzeugt wird, sondern aus einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung kommt. Meistens wird dort Wasser erhitzt, das dann durch isolierte Rohre zu den Abnehmern geleitet wird. Im Wohnhaus, Krankenhaus oder Bürogebäude angekommen, wird die Energie in einer Übergabestation an den Wärmekreislauf des Gebäudes abgegeben und sorgt dort für Raumwärme und warmes Wasser. Eine eigene Heizungsanlage benötigen die Gebäude also nicht.

Welche Vorteile hat Fernwärme?

Die Haushalte, die mit Fernwärme beliefert werden, genießen einen hohen Komfort. „Die Wärme kommt gewissermaßen aus der Wand, man braucht keinen Heizungskeller, muss sich um wenig kümmern“, sagt Werner Lutsch, Geschäftsführer des Energieeffizienzverbands für Wärme, Kälte und KWK.

Was sind die Nachteile?

Nicht jeder kann Fernwärme beziehen. Voraussetzung ist ein Anschluss an das regionale Netz. Dieser ist meist nur für Mehrfamilienhäusern in größeren Ballungsgebieten sinnvoll. „In einem Einfamilienhaus, das nach neuestem Standard gebaut wurde, würde sich Fernwärme auch gar nicht lohnen“, sagt Lutsch. Dazu sei der Verbrauch zu gering. Aber in älteren Mehrfamilienhäusern sieht das anders aus.

Übrigens: Wer ein Haus oder eine Wohnung in einem Fernwärme-Gebiet kauft, hat oft nicht die Wahl zu einer Heizungsalternative. „In manchen Gemeinden besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang von Fernwärme“, sagt Stefan Materne vom Energieteam der Verbraucherzentrale. „Damit ist der Kunde dauerhaft an den örtlichen Fernwärmeversorger und seine Preise gebunden.“

Wie berechnet sich der Preis für Fernwärme?

Der Preis für Fernwärme setzt sich aus einem Grundpreis und einem Arbeitspreis zusammen. Der Arbeitspreis deckt die Kosten ab, die in direktem Zusammenhang mit dem Wärmeverbrauch stehen – also beispielsweise für Brennstoffe und Pumpstrom. Der Grundpreis enthält die Kosten für Bau, Wartung, Reparatur der technischen Anlagen, aber auch Verwaltungskosten sowie die maximale Wärmeleistung.

Man muss wissen: Es gibt grundsätzlich große regionale Unterschiede, denn der Preis hängt wesentlich vom Erzeuger und von Fernwärmesystem der Stadt ab. „In einem flachen Gebiet ist es weniger aufwendig, Fernwärme zu transportieren als zum Beispiel in den Alpen“, so Lutsch. Das spiegle sich in den Fernwärme-Preisen wider. Energieexperte Stefan Materne bestätigt diese Aussage: „Es gibt Gegenden, da ist die Fernwärme sehr teuer und es gibt durchaus einige Anbieter, die gute Preise aufrufen.“

Wie wird die Wärme in den Kraftwerken erzeugt?

Laut Fernwärme-Fachverband AGFW derzeit vor allem durch Verbrennung von Erdgas und Kohle, meistens in sogenannter Kraft-Wärme-Kopplung, bei der neben der Wärme auch noch Strom erzeugt wird. Die Energie stammt zu rund 70 Prozent aus fossilen Energieträgern. Die übrigen 30 Prozent entfallen auf Wärme aus der Verbrennung von Abfall oder Biomasse (Holzhackschnitzel) sowie aus Geothermie und anderen erneuerbaren Quellen.

Wie viel Fernwärmenetze gibt es in Deutschland?

Laut Fernwärmeverband AGFW knapp 3800. Sie werden von rund 500 Unternehmen betrieben. 2020 lag die Trassenlänge insgesamt bei über 31.000 Kilometern. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurden 2022 14,2 Prozent der 43,1 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Fernwärme beheizt, das ist etwa jede siebte Wohnung. Der Anteil hat sich in den vergangenen 20 Jahren stetig erhöht. 2003 lag er bei 12,4 Prozent.

Wie klimafreundlich ist Fernwärme?

Das ist sehr unterschiedlich je nach Energieträger, Effizienz der Erzeugung im Kraftwerk und der Höhe der Leitungsverluste, sagt die Verbraucherzentrale. „Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung hat eine hohe Energieausbeute, und auch die Nutzung von Abwärme, die zum Beispiel bei der Müllverbrennung entsteht, ist sinnvoll.“

Passend dazu: Das sind die Alternativen zur Öl- oder Gas-Heizung

Kann ich auf Fernwärme umsteigen?

Das ist grundsätzlich möglich, etwa um von einer teuren Öl- oder Gas-Heizung wegzukommen. Aber dafür muss ein Energieversorger bereit ist, sein Netz auszubauen und neue Anschlüsse zu legen, sagte Tim Geßler, Redakteur und Heizungsexperte der Fachzeitschrift „SBZ Sanitär.Heizung.Klima“. „Dann ist das natürlich eine gangbare und gute Option.“

Aber es handelt sich um eine langfristige Entscheidung. Laut den Verbraucherzentralen kann man wegen rechtlicher Besonderheiten bei Fernwärme Verträge für die Dauer von bis zu zehn Jahren schließen. Und der Wechsel zwischen einzelnen Anbietern, etwa um günstigere Verträge zu bekommen, ist nicht möglich, denn die Unternehmen sind immer lokale Monopolisten, da es unwirtschaftlich wäre, eine doppelte Infrastruktur aufzubauen.

Immerhin: Würde man dann irgendwann komplett auf erneuerbare Energien wechseln, lässt sich – Stand jetzt – der Vertrag vorzeitig kündigen. Dabei gilt eine zweimonatige Frist.

Können Haushalte wie bei Strom den Fernwärme-Anbieter wechseln?

Nein. „Bei Fernwärme ist der Wechsel des Wärmelieferanten nicht möglich“, erklärt die Verbraucherzentrale. Planung und Betrieb des Kraftwerks und des Netzes lägen in der Hand eines Unternehmens. Der Aufbau einer doppelten Infrastruktur durch ein weiteres Unternehmen sei unwirtschaftlich. „Daher ist jedes Fernwärmeunternehmen ein lokaler Monopolist.“ Die Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass Kommunen für manche Grundstücke einen Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen. „Als Eigentümer sind Sie dann gezwungen, Ihr Haus mit Fernwärme zu versorgen.“ Die rechtlichen Grundlagen für die Fernwärmenutzung sind in einer eigenen Verordnung gebündelt.

Wann eignet sich Fernwärme?

Fernwärme rechnet sich laut Verbraucherzentrale dann, wenn möglichst viele Nutzer an das Wärmenetz angeschlossen sind. „Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen sind in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden.“ Fernwärme eigne sich daher vor allem in dicht besiedelten (Neubau-)Gebieten.

Wie bewertet die Bundesregierung Fernwärme?

Als sehr wichtig. Im neulich bekannt gewordenen ersten Gesetzentwurf für die kommunale Wärmeplanung stellt das Bundesbauministerium fest: „Der Ausbau der Fernwärme und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sind für eine Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes von herausragender Bedeutung.“ In den vergangenen Jahren seien die hierzu notwendigen Investitionen nicht im erforderlichen Umfang erfolgt. Der Ausbau soll im Gesetz festgeschrieben werden: „Wärmenetze sollen zur Verwirklichung einer volkswirtschaftlich möglichst kosteneffizienten klimaneutralen Wärmeversorgung signifikant ausgebaut und die Anzahl an Wärmenetze angeschlossener Gebäude deutlich und dynamisch gesteigert werden“, heißt es im Referentenentwurf.

Im geplanten Gebäudeenergiegesetz, dem sogenannten Heizungsgesetz, sind auch Vorgaben für Wärmenetze geplant. So soll es eine Verpflichtung geben, in bestehenden Wärmenetzen bis 2030 mindestens 50 Prozent erneuerbare Wärme oder Abwärme einzusetzen. Für neue Wärmenetze soll ein Anteil von 65 Prozent verlangt werden.

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Was hält die Branche von einem Ausbau?

Sie hält bis 2050 unter bestimmten Bedingungen drei Mal so viele Wärmenetzanschlüsse wie heute für möglich. Während derzeit 6 Millionen der 43 Millionen Wohnungen mit Fernwärme beheizt würden, könne man perspektivisch auf 18 bis 20 Millionen kommen, vor allem in Mehrfamilienhäusern in den Städten und in dicht besiedelten Gebieten. „Fernwärme ist der Schlüssel für das Thema klimaneutrale Städte in Deutschland“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer des Fachverbandes AGFW, John Miller.

Kritik übt der Verband an dem im Gebäudeenergiegesetz vorgesehenen Zeitplan, bestehende Wärmenetze bis 2030 auf mindestens 50 Prozent erneuerbare Wärme oder Abwärme umzustellen. Der Verband fordert längere Übergangsfristen und deutlich mehr Fördermittel, insbesondere für das Programm „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ (BEW).

mit Material der dpa

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