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Nachgefragt bei Moritz Freiherr Knigge

Wie werde ich ein guter Gastgeber?

Drei Menschen sitzen an einem Tisch, ein Mann steht. Sie stoßen zusammen an.
Auf eine schöne Zeit! Genau dieses Ziel sollte ein guter Gastgeber verfolgen. Wie es geht, verrät Experte Moritz Freiherr Knigge im Interview. Foto: Getty Images
Annelie Neumann
Annelie Neumann Autorin

15. Dezember 2020, 20:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Der Corona-Pandemie geschuldet, können wir aktuell nur selten und sehr eingeschränkt Gäste empfangen. Doch gerade dieser Umstand ist wunderbar, um seine Qualitäten als Gastgeber einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen. Doch was macht einen guten Gastgeber eigentlich aus? Was sollte man für spontane Gäste immer zu Haus haben und was tun, wenn sich der Besuch in die Haare kriegt?

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Aufwendig dekorierter Tisch, erlesene Getränkeauswahl, ein Menü wie aus dem Sterne-Restaurant, entspannende Klänge und eine über all dem schwebende Wohlfühlatmosphäre: Manchen Menschen scheint das Empfangen von Gästen förmlich im Blut zu liegen. Kaum öffnen sie die Wohnungstür, fühlt man sich herzlich willkommen. Gäste zu empfangen und mit ihnen eine angenehme, zuweilen unvergesslich schöne Zeit zu verleben, ist eine Kunst – eine, die man lernen kann. Im Interview erklärt Knigge-Nachfahre und Kommunikationsexperte Moritz Freiherr Knigge, was einen guten Gastgeber auszeichnet und wie man zu einem solchen wird. Mit seinen „50 Fragen an Knigge“ bringt er kontrovers diskutierte Themen humorvoll und aktuell auf den Punkt.

Wie lade ich Gäste am besten ein?

Moritz Freiherr Knigge: Das hängt immer vom Anlass ab. Und gegenwärtig muss man ja leider sagen: von den Möglichkeiten überhaupt gemeinsam Zeit verbringen zu dürfen. Ansonsten gilt die Faustregel: je offizieller der Anlass, desto formeller die Einladung. Ich bin auch schon per SMS zu einer Hochzeit eingeladen worden, aber zu 99 Prozent habe ich eine handgeschriebene Einladung auf Karte oder gar als Brief bekommen. WhatsApp dagegen gern zum gemütlichen Abendessen, zum Spiele-Abend in kleiner Runde, aber auch zum Geburtstag. Anruf eher selten. Wenn, dann spontan, zu zweit, zu dritt, in kleiner Besetzung: Mädels, ganz spontan: Lust heute Abend zum Plaudern vorbeizuschauen? Getränke und was zum Knabbern am Start! 

Je formeller, desto klarer die Ansagen:

  • Wann? (Punkt 20 Uhr oder ab 19 Uhr?)
  • Wo? (Zuhause oder auswärts?)
  • Wie? (im feinsten Zwirn oder im lässigsten Outfit?)
  • Womit? (Geschenk, gute Laute oder guter Zweck?)

Was zeichnet einen guten Gastgeber aus?

Knigge: Gute Gastgeber machen sich die Mühe, mühelos zu sein, damit ihre Gäste einen wunderbaren Abend erleben. Gute Gastgeber laden tolle Menschen ein und machen sie miteinander bekannt. Gute Gastgeber laden unterschiedliche Menschen ein, die neugierig genug sind über eigene Tellerränder zu schauen, zu unterhalten wissen, ohne sich selbst am liebsten reden zu hören. 

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Welche Pflichten obliegen einem guten Gastgeber?

Knigge: Gute Gastgeber bereiten ihren Gästen eine Bühne und wollen nicht selbst eine glänzende Hauptrolle spielen. Sie wissen auch, wem es zieht, wer nebeneinandersitzen sollte und wer eher nicht. Gute Gastgeber wissen, wer was gerne isst und wer was nicht vertragen oder ertragen kann. 

Wie bereite ich mich auf Gäste am besten vor?

Knigge: Gute Gastgeber müssen sich nur auf eines vorbereiten: gerne Gäste zu haben. Wer Gäste als lästig empfindet, der wird sie auch genauso empfangen. Wer sich hingegen auf seine Gäste freut, für den vergeht die Zeit wie im Fluge. 

Gibt es No-Gos, mit denen man Gäste schnell verstimmen kann?

Knigge: Ja, meist mit der Angst nicht zu genügen: zu wenig Getränke, zu versalzen das Essen, zu gewöhnlich die Playlist. Aber auch mit der Sucht nach Kontrolle: Schuhe bitte aus, Musik bitte meine, Dank bitte groß. Also: Mehr Mut sein zu lassen! 

Spontan Gäste empfangen – gibt es etwas, dass man immer zu Haus haben sollte?

Knigge: Das, was man sonst mitbringen soll: gute Laune. Was zu trinken und zu knabbern ist meist im Haus und sonst ist der nächste Kiosk oder die nächste Tanke nicht weit. 

Wie sorgt man als Gastgeber für einen gelungenen Abend?

Knigge: Mische deine Gäste so wild durcheinander, wie es nur geht, weil gleich und gleich sich zwar gerne gesellt, aber nicht immer gefällt. Bei gesetzten Essen bin ich großer Freund der Tischordnung. Dabei unbedingt Paare und beste Freund*innen gnadenlos auseinandersetzen. Das Ergebnis ist nicht Schweigen im Walde, sondern beste Unterhaltung.

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Wie reagiert ein Gastgeber, wenn die Stimmung kippt?

Knigge: Gute Gastgeber sind immer auch gute Moderatoren. Wenn es einmal zu hoch hergeht, dann wissen sie mit im besten Fall Witz und notfalls klarer Ansprache an den eigentlichen Sinn des Beisammenseins zu erinnern: gemeinsam eine gute Zeit zu haben und nicht schlechte Laune zu verbreiten. Aber natürlich darf es sich auch mal hochschaukeln, solange der Sängerwettstreit nicht zum Boxkampf wird. 

Wie signalisiert man, dass sich der Abend langsam dem Ende entgegen neigt?

Knigge: Eine der besten Gastgeberin, die ich kenne, hatte darauf eine umwerfende Antwort: Einfach ins Bett gehen! Ein anderer Freund beendete den Abend stets mit „Time to say goodbye“ auf voller Lautstärke, damit auch die Nachbarschaft wusste: Endlich ist der Party-Spuk vorbei. (Jener Party-Spuk nach dem sich in Corona-Zeiten selbst die größten Party-Muffel sehnen.)

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Wie lange sollte Besuch höchstens bleiben?

Knigge: Ich halte es da mit dem Satz unseres berühmtesten Familienmitgliedes: Adolph Freiherr Knigge: Kein Gast und kein Fisch halten sich länger als drei Tage im Hause. Gastgeber und Gäste, das funktioniert auch deshalb so gut, weil es eine Beziehung auf Zeit ist. Eine gemeinsame Zeit, in der man die Gemeinschaft feiert, das Zusammensein, die Freude aneinander und alle sich die Mühe machen, gut miteinander klar zu kommen. Ja, auch einander auszuhalten und fünf auch mal gerade sein zu lassen, weil einem die Marotten anderer ganz ordentlich auf die Nerven gehen können. Unsere eigenen übrigens eingeschlossen!

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