
9. September 2024, 17:11 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Nur die wenigsten Menschen sehen es gerne, wenn Spinnen in der Zimmerecke sitzen. Insbesondere im Herbst zieht es die Tiere jedoch öfter in Häuser und Wohnungen. myHOMEBOOK hat bei einem Spinnen-Experten nachgefragt, warum das so ist.
Rund 1000 verschiedene Spinnenarten leben in Deutschland. Ein gutes Image besitzen sie aber nicht gerade. Sie sehen mit bis zu acht Augen, dürren Beinen und schnellen Bewegungen nicht nur ungewöhnlich aus, sondern spinnen zu allem Überfluss klebrige Netze in den Zimmerecken. Erst beim zweiten oder dritten Blick fällt dann auf, wie kunstvoll die dünnen Fäden arrangiert wurden. Aber warum kommen Spinnen vorwiegend im Herbst in unsere Wohnungen?
Übersicht
Wie reagieren Spinnen auf den Herbst?
Glaubt man einer alten Bauernweisheit, können Menschen von dem Verhalten von Spinnen im Herbst sogar Rückschlüsse auf das Wetter ziehen. Diese besagt: „Wenn im September die Spinnen kriechen, sie bereits den Winter riechen“.
Prof. Dr. Wolfgang Nentwig vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern hält nicht viel von der Bauernregel: „Im Grunde ist den meisten Spinnenarten das Nahen des Winters egal, da sie mit kälteren Tagen ohnehin sterben“, erklärt der Arachnologe. „Sie überwintern meist im Eistadium, nur vergleichsweise wenige Arten überwintern als Jungtiere oder gar erwachsenes Tier. Diese reagieren auf den Temperaturabfall gegen Jahresende, suchen sich dann geschützte Orte und stellen ihren Stoffwechsel auf Kälteschutz um.“
Was ist der Grund für die höhere Aktivität?
Auch Dr. Jason Dunlop, Spinnenforscher und Kurator am Museum für Naturkunde Berlin, ist bei der Bauernregel skeptisch. Zumindest sei eine Wetterfühligkeit bei Arachniden nicht bewiesen. Dunlop hat jedoch eine ganz andere Erklärung: „Spinnen sind in der Tat häufig im September in Wohnräumen anzutreffen, vor allem die auffällig große Hauswinkelspinne“, erklärt der Wissenschaftler. „Der Hintergrund ist aber, dass für viele Spinnen im Herbst die Paarungszeit stattfindet. Die Männchen verlassen ihr Versteck und laufen herum, um Weibchen zu suchen.“
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Können Spinnen wirklich das Wetter vorhersagen?
Zudem gäbe es Arten, die ganzjährig aktiv sind. „Sich bewegende Spinnen im September anzutreffen („kriechen“), hat daher im Prinzip nichts damit zu tun, dass sie den Winter ‚riechen‘ und sich womöglich auf eine eventuelle Überwinterung einstellen.“ Spinnen können also nicht, wie in der Bauernregel behauptet, den Wintereinbruch vorhersagen, besitzen jedoch einige ausgereifte Sinnesorgane, mit denen Sie ihre Umwelt wahrnehmen. Zudem sind diese auch recht gut untersucht, meint Nentwig. Spinnen können demnach:
- Bewegung in der Luft und Vibration des Bodens wahrnehmen
- Geruchsstoffe auf Oberflächen riechen oder schmecken
- Temperatur, Feuchtigkeit, Luftdruck und CO2-Gehalt der Luft messen
- Sehen (schwarz-weiss, einige in Farbe, auch UV)
Somit können Spinnen beispielsweise feststellen, ob es im Augenblick zu nass ist, um ein Radnetz zu bauen. Dann warten sie damit noch ein paar Stunden oder einen Tag. Das habe jedoch nichts mit der Bauernregel zu tun, die Spinnen eine Wetterfühligkeit zuschreibt. Dem Spinnenforscher ist es also ein Rätsel, wie die Tiere laut Bauernregel das zukünftige Wetter messen oder erkennen sollten. Dafür fehlen ihnen schlichtweg die nötigen Sinnesorgane.

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Wie kann man verhindern, dass Spinnen in die Wohnung kommen?
Das Wetter im Herbst und das Verhalten der Spinnen kann man nicht ändern. Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, um zu verhindern, dass die kleinen Tiere in die Wohnung kommen. So hilft unter anderem ein Fliegengitter an den Fenstern. Doch auch mit den richtigen Gerüchen kann man Spinnen vertreiben, wie auch eine Studie bestätigt. Lavendel, Essig, Kastanie, Pfefferminz, Zitrone und Eukalyptus – diese Düfte mögen die Achtbeiner nicht und bleiben fern.