12. Juli 2021, 14:09 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Zur Miete kommt in der Regel noch die „zweite Miete“ dazu – in Form von Nebenkosten. Diese richten sich nach dem Verbrauch, aber beinhaltet auch umgelegte Kosten, etwa vom Hausmeister. Ein myHOMEBOOK-Leser berichtete von seinem Fall, bei dem er mit recht hohen Nebenkosten zu kämpfen hat.
„Ist das nicht Betrug?“, fragte ein Leser die myHOMEBOOK-Redaktion, nachdem er seine missliche Situation geschildert hatte. Er berichtete über außerordentlich hohe Nebenkosten, die er bezahlen soll. Damit reagierte er auf den Aufruf „Ärger mit der Hausverwaltung“, bei dem Leser mit ihren Fragen auf myHOMEBOOK zukommen. In diesem Fall geht es unter anderem um Reinigungs- und Hausmeisterkosten, aber auch Ausgaben für Kaltwasser sowie die Umlage von Sperrmüllkosten auf alle Mieter des Hauses. Zwei Mietrechts-Expertinnen bewerten die Situation.
Leser berichtet über hohe Nebenkosten
„Ich wohne seit August 2010 in einer 76-Quadratmeter-Wohnung mit meiner Frau“, schreibt Mohammad A. myHOMEBOOK. Bis 2020 wohnten noch seine beiden Töchter in der Drei-Zimmer-Wohnung. „Wir erhielten jedes Jahr eine Nebenkostennachzahlung in Höhe von mehr als 3100 Euro. Vorausgezahlt hatten wir monatlich in Höhe von 242 Euro.“ Auf das Jahr gerechnet ergeben sich dabei 2904 Euro an Vorauszahlung. Zusammen mit der Nachzahlung von 3100 handelt es sich eine stolze Summe von rund 6000 Euro an Nebenkosten.
Doch damit nicht genug: Die Hausverwaltung habe laut Mohammad A. eine Reinigungskraft beauftragt, für die die Mieter aufkommen müssen, die jedoch nur „nach Lust und Laune“ putzt. „Hinzu kommen fürs ganze Haus mehr als 15.000 Euro Hausmeisterkosten, der jedoch nie im Haus zusehen ist.“
Die Reinigungskraft sei beim Hausmeisterservice angestellt und wohne im gleichen Haus. „Es werden uns zwei Rechnungen zugestellt, einmal die Hausmeisterkosten und die Reinigungskosten.“ Dabei übernehme die Reinigungskraft auch die Hausmeistertätigkeiten wie Wohnungsbesichtigungen oder das Überprüfen der Heizungsanlage.
Hohe Nebenkosten, kalte Wohnung
Mohammad A. führt weiter aus: „Hinzu kommt noch, das wir angeblich Kaltwasserkosten in Höhe von mehr als 2700 Euro zahlen sollen. Die Heizungen funktionieren nicht richtig. Im Winter erreicht die Wohnzimmer nicht die richtige Temperatur.“ Der Mieter habe nachgemessen – in der Wohnung herrschen nur 15 bis 16 Grad. Es sei so kalt, dass die Familie „sogar im Winter Jacken in der Wohnung tragen“ müsse. Der Deutsche Mieterbund (DMB) spricht jedoch von einer vorgeschriebenen Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad.
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Sperrmüllkosten werden auf alle Mieter umgelegt
Ein weiteres Ärgernis betrifft den Sperrmüll. Mohammad A. habe stets eine kostenlose Sperrmüllabholung bei der Stadt beantragt, dieser wurde auch fristgerecht abgeholt. Mittlerweile falle im Haus jedoch mehr Sperrmüll an. Die Kosten werden auf alle 22 Einheiten des Hauses umgelegt. Dabei geht es um 900 Euro, die jeder Mieter zahlen müsse.
Hohe Nebenkosten – Mietrechts-Experten klären auf
Aufgrund der Schilderungen über die hohen Nebenkosten von Mohammad A. hat myHOMEBOOK sowohl beim Mieterverein München e.V., als auch beim Berliner Mieterverein e.V. nachgefragt. Rechtsberaterin Anja Franz aus München antwortete, die Kosten seien „in der Tat sehr hoch“. Allerdings könne man ohne die Abrechnung und den zugrundeliegenden Mietvertrag nicht viel dazu sagen.
Auch Wikbe Werner, stellvertretende Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins zeigt sich von den hohen Nebenkosten überrascht. „Die genaue Ursache dieser hohen Kosten erschließt sich aufgrund der Ausführungen nicht auf den ersten Blick, sondern dürfte mehrere Ursachen haben.“
„Umgerechnet auf den Monat bedeutet dies Betriebskosten von 6,58 Euro pro Quadratmeter. Damit liegen die Betriebskosten fast doppelt so hoch wie im Allgemeinen üblich.“ Bei kalten Betriebskosten spricht Werner von einem Durchschnittswert von 1,50 bis 2,00 Euro pro Quadratmeter im Monat aus. Bei Heizkosten sind es 1,00 bis 1,50 Euro.
Zudem verweist Mietrechts-Expertin Franz auf die sogenannten Betriebskostenspiegel, die es für die verschiedenen Gemeinden gibt. „Diese geben die jeweiligen Durchschnittskosten für die Betriebskosten wieder.“ In München liegen die Hausmeisterkosten beispielsweise bei 0,3 bis 0,4 Euro pro Quadratmeter und Monat. Reinigungskosten belaufen sich dort auf 0,18 Euro, aber nur wenn sie nicht unter die Hausmeistertätigkeiten fallen.
Dürfen Vermieter die Hausmeisterkosten umlegen?
Es gibt einheitliche Regelungen, was die Hausmeisterkosten und die Hausreinigung angeht. Werner vom Berliner Mieterverein sagt: „Ist die Umlage von Betriebskosten im Mietvertrag wirksam vereinbart, gehören die Kosten für die Gebäudereinigung zu den umlagefähigen Betriebskosten.“ Der Vermieter ist dann nicht verpflichtet, die Beauftragung einer Gebäudereinigung vorher mit den Mietern abzustimmen. Er müsse lediglich den „Wirtschaftlichkeitsgrundsatz“ bei der Auswahl der Dienstleister berücksichtigen. Dieser besagt, dass er unwirtschaftlich hohe Kosten vermeiden soll. Andererseits müsse er nicht das günstigste Unternehmen beauftragen.
Rechtsexpertin Franz ergänzt: „Grundsätzlich gilt, dass Hausmeisterkosten nur umgelegt werden dürfen, wenn der Hausmeister nicht auch Verwaltungstätigkeiten durchführt“, sagt Franz. Dazu zählen unter anderem Wohnungsbesichtigungen oder das Ablesen der Zähler. „Die Entlohnung derartiger Arbeiten müssten dann aus der Abrechnung herausgerechnet werden.“
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Auch für den Fall von Mohammad A. gilt laut Werner: „Selbstverständlich dürfen Leistungen weder doppelt abgerechnet werden, noch in der Abrechnung berücksichtigt werden, obwohl sie tatsächlich nicht erfolgt sind.“ Die Kosten für die Gebäudereinigung dürfen also nicht einerseits beim Hausmeister, andererseits bei der Reinigungskraft anfallen.
„Ansonsten muss geprüft werden, ob es sich bei den abgerechneten Tätigkeiten überhaupt um Positionen handelt, die über die Betriebskostenabrechnung umgelegt werden können“, erklärt Werner. „Kosten der Wohnungsbesichtigung dürften zum Beispiel nicht darunter fallen, da es sich nicht um laufende Kosten zur Bewirtschaftung des Objekts handelt.“
Sind Kosten für Kaltwasser umlagefähig?
„Kaltwasserkosten sind ebenfalls umlagefähig“, erklärt Werner. Hier könne jedoch der Umlagemaßstab maßgeblich für hohe Nebenkosten sein. Denn: „Sind keine Wasserzähler installiert, wird nach Wohnfläche umgelegt und nicht nach Verbrauch.“ Das bedeutet, dass Mieter, die alleine in einer großen Wohnung leben und einen geringen Verbrauch haben, im Verhältnis zu einer Großfamilie in einer kleineren Wohnung verhältnismäßig stärker belastet sind. „Bislang gibt es noch keine Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kaltwasserkosten, diese gilt nur für die Warmwasserkosten“, sagt Werner vom Berliner Mieterverein.
Was tun, wenn die Heizung nicht ausreichend warm wird?
myHOMEBOOK-Leser Mohammad A. berichtete zudem über die Heizung, die im Winter nicht genügend warm wurde. Hierzu empfiehlt Werner Mängelbeseitigungsansprüche vorzubringen sowie eine gegebenenfalls damit einhergehende Mietminderung. Kürzt man im Nachhinein wegen der mangelhaften Heizung die Heizkosten, laufe man Gefahr, dass der Vermieter nachweisen kann, dass die abgerechnete Leistung erbracht wurde. Im Gegenzug könne der Mieter im Nachhinein nicht mehr beweisen, dass die Heizung defekt war und wie sich das auf den Verbrauch ausgewirkt hat.
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Dürfen Sperrmüllkosten umgelegt werden?
Im Fall von Mohammad A. tragen auch die umgelegten Sperrmüllkosten zu den hohen Nebenkosten bei. Generell gilt: „Sperrmüllkosten können auf die gesamte Mieterschaft umgelegt werden, auch wenn sie nur von einem verursacht wurden.“ Veranlasst der Vermieter die Entsorgung des Sperrmülls, darf er die Kosten auf sämtliche Mieter umlegen.
Werner vom Berliner Mieterverein ergänzt: „Sperrmüllkosten können dann im Rahmen der Betriebskostenabrechnung unter der Position ‚Müllbeseitigung‘ umgelegt werden, wenn es sich um laufend anfallende Kosten handelt und der Verursacher nicht ausfindig gemacht werden kann.“ Einmalige Entrümpelungskosten – wie bei der einmaligen Räumung eines Kellers – sind keine laufenden Aufwendungen und wären daher nicht umlagefähig.
Wie sieht es bei Reinigungskosten aus?
Auch die Umlage der Reinigungskosten ist mietrechtlich geregelt. „Wenn die Hausreinigung von Anfang an durch die Mieter selbst erfolgte und das auch so im Mietvertrag vereinbart wurde, dann darf der Vermieter nicht einfach ohne Rücksprache einen Reinigungsdienst engagieren und die Kosten auf die Mieter umlegen“, erklärt Rechtsexpertin Franz.
Einblick in Unterlagen anfordern
„Wenn die einzelnen in Rechnung gestellten Kosten deutlich über den Durchschnittskosten liegen, sollte der Mieter mal nachfragen, warum das so ist und Einblick in die Unterlagen verlangen“, empfiehlt Rechtsberaterin Franz. Schließlich habe der Mieter einen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen. Allerdings könne der Vermieter verlangen, dass der Mieter dazu in seine Geschäftsräume kommt, er muss sie nicht per Post verschicken.
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Das rät der Mieterverein
Abschließend hat Werner vom Berliner Mieterverein einige Tipps, wie Mieter sich bei derart hohen Nebenkosten wehren können:
- Betriebs- und Heizkostenabrechnung prüfen und Positionen mit auffallend hohen Kosten herausfiltern.
- Beim Vermieter das Recht auf Belegeinsicht zu den unverhältnismäßig hohen Kosten einfordern und prüfen, was sich dahinter verbirgt.
- Anhand der Belege überprüfen, ob der Abschluss überteuerter Dienstleistungsverträge das „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ verletzt hat. Ferner sollten Mieter den Abschluss auf doppelte Abrechnungen prüfen und ob sie sich auf die richtige Wohnung beziehen. Zudem sollte man abgerechnet, aber nicht erbrachte Positionen kontrollieren.