18. März 2022, 11:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Enteignung von Immobilien kommt glücklicherweise nicht oft vor. Doch manchmal müssen Haus- und Grundbesitzer zum Wohle der Allgemeinheit weichen und werden enteignet. Wie eine Enteignung rechtmäßig zu verlaufen hat und wie sich Betroffene wehren können, erfahren Sie hier.
Wichtig zu wissen ist: Enteignungen sind gesetzlich verankert und somit unter gewissen Umständen tatsächlich rechtmäßig. Daher versteht man unter einer rechtmäßigen Enteignung den Entzug von Besitz zum Wohle der Allgemeinheit (nachzulesen im Grundgesetz unter Art. 14 Abs. 3 GG). Im Falle einer Immobilie heißt das, die Bundesrepublik Deutschland, beziehungsweise die Bundesländer und Gemeinden, können Grundstücke und Immobilien in die öffentliche Hand legen, solange dem Besitzer eine entsprechende Entschädigung angeboten wird. Zudem kommt die Enteignung einer Immobilie immer nur als letztes Mittel infrage. Zuvor muss in jedem Einzelfall genauestens geprüft werden, ob und inwiefern das Allgemeinwohl auch auf anderen Wegen erreicht werden könnte.
Übersicht
Wann ist die Enteignung einer Immobilie rechtens?
Ob eine Enteignung tatsächlich dem Wohle der Allgemeinheit dient, ist in Deutschland allerdings Auslegungssache. Meist bestimmt jedoch der Staat, ob eine Enteignung notwendig ist oder nicht. Die häufigsten Gründe für eine Enteignung hierzulande sind staatliche Infrastrukturmaßnahmen. Der geplante Bau von Straßen und Autobahnen, Bahnschienen oder der Abbau von Braunkohle gehörten bisher zu den wichtigsten Projekten, denen private Grundstücke weichen mussten. Aber auch Stromtrassen oder neue Start- und Landebahnen für Flughäfen können die Ursache für Enteignungen sein.
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Wie läuft eine Enteignung normalerweise ab?
- Bevor es zur Enteignung kommen kann, muss der Bund oder das Land dem Eigentümer ein Kaufangebot machen. Erst, wenn dieses durch den Besitzer abgelehnt wurde, kann der Enteignungsprozess beginnen.
- Im ersten Schritt stellt der jeweilige Projektträger, also der Bund oder das Land, den Enteignungsantrag entsprechend dem Baugesetzbuch (BauGB) an die zuständige Gemeinde.
- Dieser Antrag ist formgebunden und muss unter anderem den genauen Zweck und die Begründung der Enteignung enthalten. Zudem wird dem Eigentümer in diesem Rahmen eine Entschädigung angeboten.
- Nachdem die Gemeinde den Antrag geprüft hat, legt sie diesen innerhalb von vier Wochen der Enteignungsbehörde vor.
- Danach werden alle Beteiligten zu Vorgesprächen und Verhandlung geladen. Wird hier eine Einigung erzielt, kann der Vertrag beurkundet werden und ist anschließend auch nicht mehr anfechtbar.
- Kommt es zu keiner Einigung, wird die Enteignung meist dennoch beschlossen. Dann kann bei einem weiteren Termin über die Entschädigung verhandelt werden.
Im Anschluss wird der Enteignungsbeschluss inklusive Auszugsdatum und vereinbarter Entschädigung aufgesetzt.
Was können Betroffene gegen die Enteignung einer Immobilie tun?
Der Enteignungsbeschluss ist eine vertragliche Einigung zwischen den rechtmäßigen Besitzern und der Enteignungsbehörde. Dieser enthält neben den Personen- und Grundstücksdaten sowie der Frist und der Begründung auch die Art und Höhe der ausgehandelten Entschädigung. Daher ist es als Betroffener schwierig, dagegen vorzugehen. Die Erfolgschancen steigen, je früher man Klage einreicht und sich wehrt, doch vor allem bei Großprojekten ist der Kampf häufig aussichtslos.
Für den Braunkohleabbau beispielsweise mussten bereits ganze Ortschaften weichen. Eigentümer können natürlich dennoch versuchen, sich während des Einigungsprozesses gegen die Enteignung zu wehren und rechtlich dagegen vorzugehen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Grundstück vorher an den Staat zu verkaufen oder die Höhe der Entschädigung zu verhandeln.
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Entschädigung verhandeln
In der Regel wird eine Enteignung entweder mit Geld, mit Land oder mit der Gewährung anderer Rechte entschädigt. Die Höhe bzw. der Wert dieser Entschädigung können Eigentümer und der zuständigen Behörde während der Gespräche verhandeln. Und hier sind tatsächlich keine Grenzen gesetzt, es kommt einzig und allein auf das Verhandlungsgeschick des Besitzers und die jeweiligen Umstände an.
Möchte die Behörde etwa eine schnelle Einigung erzielen, können Betroffene gut und gerne den doppelten Wert ihres eigentlichen Besitzes aushandeln. Doch auch die Behörde ist natürlich gewappnet: Denn es wird in den meisten Fällen ein Wertgutachten vom Grundstück und der Immobilie erstellt, das als Basis der Verhandlungen dient. Möchte man als Eigentümer also mehr herausholen, gilt es, gute Argumente bereitzuhalten.
1. Finanzielle Entschädigung verhandeln
Häufig gibt es bei Enteignungen eine Geldzahlung als Entschädigung, sodass sich Betroffene damit anderswo eine neue Existenz aufbauen können. Ausschlaggebend für die Höhe der Summe ist das angesprochene Wertgutachten, welches allen Beteiligten ab Verhandlungsbeginn zur Verfügung steht. Diese Summe ist aber nicht in Stein gemeißelt. Als Besitzer sollte man hier keinesfalls klein beigeben und das Grundstück nicht unter Wert verkaufen.
2. Entschädigung in Land und Grund verhandeln
Auch eine Entschädigung in Form von Ersatzland ist laut Baugesetzbuch möglich. Hierbei ist jedoch wichtig, dass dieses in etwa dem Wert des verlorenen Grundstücks entspricht und dass es mit dem ehemaligen Besitz vergleichbar ist. Hat ein Eigentümer also eine Wohnimmobilie auf dem enteigneten Grundstück besessen, muss auch auf dem sogenannten „Ersatzland“ Wohnen möglich sein.
3. Entschädigung durch „Gewährung anderer Rechte“ verhandeln
Neben einer finanziellen Entschädigung oder der Zuschreibung eines gleichwertigen Grundstückes kommt noch eine weitere Art der Entschädigung infrage, nämlich die Gewährung anderer Rechte. Sind beide Parteien damit einverstanden, ist demnach auch die Übertragung von Eigentum oder Miteigentum an einem Grundstück des Projektträgers möglich.