12. Dezember 2023, 10:56 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Infrarotheizungen sind aktuell gefragt und sollen die Wohnung auf Temperatur bringen – ganz ohne fossile Brennstoffe. Was sind die Vor- und Nachteile der Heizsysteme?
Wenn Matthias Wagnitz die Versprechungen der Industrie hört, schüttelt er den Kopf. „Marketingquatsch“, nennt der Referent für Energie- und Wärmetechnik im Zentralverband Sanitär Heizung Klima (Berlin) vieles, was er sich zu Infrarotheizungen anhören muss. Etwa, wenn damit geworben wird, eine solche Heizung an eine eigene Photovoltaik-Anlage auf dem Dach anzuschließen, um damit dauerhaft kostenlos mit Ökostrom zu heizen – und damit den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 vermeidet.
Theoretisch mag das stimmen, denn die Infrarotheizung wird ja mit Strom, nicht mit fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas betrieben. Nur: So ein Gerät benötigt der Verbraucher eben vor allem in Herbst und Winter. Die Sonne scheint in diesen Tagen nicht nur kürzer – sondern oft tagelang wenig. Die geringe Menge Solarstrom, die jetzt noch auf dem Dach produziert werden kann, wird zudem auch im Haushalt oder zum Aufladen der Batterie seines Elektroautos gebraucht.
Wie funktioniert eine Infrarotheizung?
Was Wagnitz auch stört, sind die Versprechungen, dass eine Infrarotheizung effizienter sei als eine, die auf Basis von erwärmtem Wasser funktioniert. Und so funktioniert das System: Die klassische Heizung erzeugt vor allem sogenannte Konvektionswärme. Der Begriff Konvektion hat als Wortherkunft den lateinischen Begriff „convehere“, und der steht für „mittragen, übernehmen“. Bei der Heizung heißt das: Der Heizkörper erwärmt die Luft, diese steigt dann im Raum auf, der die Wärme quasi übernimmt.
Strahlungswärme kennt man von einem Lagerfeuer, das die dem Feuer zugewandte Seite erwärmt. Bei Heizkörpern ist das ähnlich, aufgrund der niedrigeren Temperaturen aber weniger drastisch. Die Strahlung hängt im Wesentlichen von der Temperatur ab. Die ist bei klassischen Heizkörpern und sogenannten Infrarotheizkörpern ähnlich. Damit unterscheiden sie sich in der Wärmeabgabe auch nur bedingt.
Die Infrarotheizung hat auch Konvektionswärme, aber deutlich mehr Strahlungswärme, eben durch Infrarotstrahlen. „Diese erwärmen dann Gegenstände im Raum, aber auch den menschlichen Körper, der sich gerade dort befindet“, erklärt Ramona Mittag, Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie betont, dass auch die klassischen Heizungen einen Anteil an Strahlungswärme haben, „bei den Infrarotgeräten überwiegt dieser allerdings“.
Sind Infrarotheizungen klimafreundlich?
Viele Geräte für Infrarotheizungen erinnern an Flachbildschirme von TV-Geräten, nur auf vier Rollen. Die Technik: Stecker in die Steckdose, die gewünschte Zieltemperatur einstellen und nach wenigen Minuten ist es warm im Raum. Schneller als mit einem klassischen Heizkörper funktioniert so ein Prozess deswegen, weil die elektrischen Heizflächen häufig eine große Leistung abgeben können.
So gesehen ist die Infrarotheizung schon klimafreundlich, wenn der Nutzer ausschließlich Ökostrom aus erneuerbaren Energien bezieht. Doch es gibt in Deutschland aktuell noch keine vollständig auf Erneuerbare umgestellte Stromproduktion.
So viel Strom verbraucht eine Infrarotheizung
Wer mit Strahlen dauerhaft und vor allem viele Räume heizt, dürfte bei seiner nächsten Stromrechnung Schnappatmung bekommen. Denn der Vergleich ist frappierend: Nimmt man etwa als willkürliches Beispiel den Gaspreis des Anbieters Enercity (Hannover): Bei einem Jahresverbrauch von 12.500 Kilowattstunden (Kwh) für eine Fläche von 100 Quadratmeter, kommt der Kunde auf einen Arbeitspreis von etwas mehr als 9 Cent pro Kwh. Das entspricht gut einem Dreipersonenhaushalt. Der muss aber dann für einen Stromverbrauch von 3000 kWh im Jahr 16,21 Cent für die Kilowattstunde zahlen – also fast das Doppelte.
Und dieses Verhältnis ist beim Versorger Mainova (Frankfurt am Main) noch krasser. Hier sind es etwas mehr als 8 Cent Arbeitspreis für eine Kilowattstunde Gas, dafür fast 34 Cent für Strom. Die Schnappatmung wird dann umso größer, wenn man stark ausgekühlte oder schlecht gedämmt Räume aufheizen muss.
Was kostet eine Infrarotheizung?
Im Handel gibt es eine große Auswahl an Infrarotheizungen zu kaufen – der Preis variiert dabei je nach Größe, Leistung und Qualität. Im Schnitt liegen die Anschaffungskosten für ein einzelnes Infrarotpaneel zwischen etwa 100 Euro bis hin zu mehreren Hundert Euro.
Für welche Räume eignet sich eine Infrarotheizung?
Die Experten raten daher nur zu einem eingeschränkten Einsatzgebiet für Infrarotheizungen zum Nachrüsten: Hobbyräume, Anbauten – und vor allem das Badezimmer. „Viele wollen es muckelig warm haben, wenn sie aus der Dusche steigen. Dann kann der Einsatz eines Infrarotgeräts sinnvoll sein“, sagt Verbraucherschützerin Mittag. Wenn so ein Gerät fünf oder zehn Minuten im Betrieb ist, dann werden die Stromkosten dadurch nur geringfügig belastet.
Sinnvoll sind elektrische Heizflächen für kurze Übergangszeiten, wenn zum Beispiel auch in einer Wohnanlage die Heizung zum Herbst noch nicht eingeschaltet wurde, der Nutzer aber ein warmes Badezimmer haben möchte. Matthias Wagnitz kann sich eine Infrarotheizung auch in einer Ferienwohnung vorstellen, die man nur wenige Tage im Jahr nutzt und ansonsten unbeheizt bleiben kann.
Als Argument wird häufig aufgeführt, dass man nur bei Anwesenheit des Nutzers heizen muss. So ein Verhalten führt aber zu Schimmel und unkomfortablen Zuständen. Beheizt man die Räume relativ gleichmäßig, ist die Einsparung in kWh gering. Gleichzeitig ist Strom aber um ein Vielfaches teurer als Öl oder Gas. „Strom ist bei Nutzung einer Wärmepumpe, die durch die Nutzung von Umweltwärme nur ein Viertel bis ein Drittel der benötigten Wärmemenge als Energie einkaufen muss, ein wunderbarer Energieträger. Bei Nutzung ohne kostenlose Umweltwärme ist er aber sehr teuer“, sagt Experte Wagnitz.
Vorteile für Allergiker
Ramona Mittag empfiehlt noch ein Anwendungsgebiet für Infrarotheizungen: So ein Gerät eignet sich für starke Allergiker. „Durch die Strahlung wird im Gegensatz zur Konvektion weniger Luft aufgewirbelt, also auch weniger Hausstaub in den Räumen verteilt.“ Infrarotheizungen können demnach auch die vorhandene Heizung unterstützen und etwa in Bestandsgebäuden auch den effizienteren Betrieb einer Wärmepumpe ermöglichen. Passivhäuser haben einen geringen Bedarf an Heizenergie, hier können festverbaute Infrarotheizungen als alleinige Heizung sinnvoll sein, rät Expertin Mittag.
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Die Verbraucherschützerin warnt aber vor einem Fehler: „Die Hersteller werben immer mit niedrigen Anschaffungskosten für ein Gerät, verschweigen aber gerne die späteren Betriebskosten.“ Ramona Mittag rät dazu, kein allzu günstiges Gerät zu kaufen und vor allem in ein geprüftes Gerät zu investieren, um Qualität zu bekommen. Finger weg von Produkten ohne Gütesiegel, lautet ihr Rat. Finger weg auch von Produkten, bei denen sich die Oberfläche so stark erhitzt, dass der Nutzer Gefahr läuft, sich die Finger zu verbrennen.