
13. Februar 2025, 10:50 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
In den 1990er Jahren knallt in einem Werbespot ein schmieriger Typ drei Fotos mit den Worten auf den Tisch: „Mein Haus, mein Boot, mein Auto.“ Damit will er den gegenübersitzenden Freund beeindrucken. Der kontert trocken mit einem noch größeren Haus und weiteren Luxusgütern. In der Rückschau eine sehr schlecht gealterte Werbung. Denn schon damals lebten viel mehr Menschen in Deutschland zur Miete anstatt im eigenen Haus. Warum sind Mietwohnungen hierzulande eigentlich so beliebt? myHOMEBOOK hat sich auf die Suche nach Antworten gemacht.
Ein Blick auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigt: Deutschland hat mit knapp 47 Prozent die niedrigste Eigentümerquote in Europa. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt zur Miete. In Rumänien das genaue Gegenteil, hier wohnen etwa 96 Prozent der Menschen im eigenen Heim. Warum ist das Mieten in Deutschland so beliebt?
Wohnraum historisch knapp
Warum die Deutschen nur sprichwörtlich schaffen und Häusle bauen, hat vor allem historische Gründe. Bereits im 19. Jahrhundert beginnt die Vorliebe für Mietwohnungen. Das junge Deutschland verwandelt sich von einer landwirtschaftlich geprägten Region in ein Industrieland. In der Folge erleben die großen Städte einen Zustrom von arbeitswilligen Menschen auf der Suche nach günstigem Wohnraum. Es ist auch eine Zeit der Kriege. So verbreitet sich im deutschen Kaiserreich der Begriff „Mietskaserne“. Damit wird damals wie heute eine armselige, spartanische Behausung bezeichnet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschen in Deutschland aufgrund der massiven Zerstörung ähnliche Zustände wie im Kaiserreich. Es fehlt an Wohnraum. Die Lage verschärft sich noch, weil bis in die frühen 1950er Jahre vertriebene Menschen und Soldaten aus dem Osten nach Deutschland zurückkehren. Die Politik reagiert darauf zügig. Im März 1950 verabschiedet die damalige Regierung unter Kanzler Konrad Adenauer das Erste Wohnungsbaugesetz und begründet damit eine bis heute geltende Vorliebe der Deutschen für Mietwohnungen. Fast zeitgleich, im September 1950, handelt auch die Regierung in der DDR, um etwas gegen die Wohnungsnot zu unternehmen. Hier sorgt das sogenannte „Aufbaugesetz“ für einen massiven Bau von Mietwohnungen.
Deutschland im EU-Vergleich mieterfreundlich
Die neuen Mieter im Westen und Osten genießen die Vorzüge ihrer Mietwohnung. Ein wesentlicher Vorteil ist über viele Jahrzehnte vor allem die stabil niedrige monatliche Miete. In der DDR kommt noch hinzu: Mietwohnungen sind vom Staat so stark subventioniert worden, allein aus diesem Grund lohnte sich Eigentum nicht.
Die Tatsache, dass das Mieten in Deutschland besonders beliebt ist, hat sich im Laufe der Zeit und trotz steigender Mieten in Deutschland bis heute kaum verändert. Das liegt auch an den inzwischen geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. „Das deutsche Mietrecht ist im europäischen Vergleich sehr mieterfreundlich angelegt“, erklärt Jutta Hartmann, Pressesprecherin beim Deutschen Mieterbund auf Anfrage von myHOMEBOOK. „Es gibt einen strikten Kündigungsschutz, wonach Vermieter einen Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen dürfen. Außerdem verhindert die Mietpreisbremse bei Neuvermietungen das Risiko von unverhältnismäßig steigenden Mieten.“ In Ländern wie Frankreich oder Spanien gäbe es zudem sehr viel häufiger befristete Mietverträge als in Deutschland, ergänzt Jutta Hartmann. Hierzulande seien befristete Mietverträge an bestimmte Bedingungen geknüpft und daher die Ausnahme.
Mieten aufgrund höherer Flexibilität in Deutschland beliebt
Der gesetzliche Rahmen für Mieter in Deutschland stimmt also. Allerdings beeinflussen immer häufiger auch persönlichen Lebensumstände die Entscheidung für oder gegen eine Mietwohnung. „Insgesamt bietet eine Mietwohnung mehr Flexibilität auf allen Ebenen“, betont die Pressesprecherin vom Deutschen Mieterbund. „Wegen der kurzen gesetzlichen Kündigungsfristen können Mieter schneller den Wohnort wechseln, falls dies berufsbedingt oder aus anderen Gründen notwendig wird.“
Auch finanziell haben Mieter mehr Planungssicherheit. „In der Regel beschränkt sich das finanzielle Risiko auf die Zahlung der monatlichen Miet- und Nebenkosten. Zudem können Mieter innerhalb kürzester Zeit in eine günstigere Wohnung umziehen, wenn sich finanzielle Spielräume verändern“, zeigt Jutta Hartmann die wesentlichen Vorteile einer Mietwohnung auf.

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In Großstädten werden Wohnung knapp und teuer
Der Deutsche Mieterbund beobachtet selbstverständlich auch einige negative Entwicklungen der vergangenen Jahre. Gerade in Großstädten sind die Mieten über die Jahre enorm angestiegen. Die zunehmende Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum treffe auf eine wachsende Verknappung gerade im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. „Die Investitionen in diesen Bereich reichen nicht aus“, erläutert Jutta Hartmann.
Derzeit fielen mehr Sozialwohnungen aus der gesetzlichen Förderung heraus, als neue Wohnungen entstehen würden. „Verschärft wird die Situation durch Online-Plattformen, die möblierte Wohnungen für kurze Zeit vermieten. Der ohnehin schon knappe Wohnraum wird dadurch noch enger. Diese Entwicklung treibt die Mietpreise zusätzlich in die Höhe“, verdeutlicht die Pressesprecherin des Deutschen Mieterbundes die Zusammenhänge.
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Das zeigt auch ein Blick auf den deutschen Mietspiegel. Anfang 2020 lag der Quadratmeterpreis für eine Mietwohnung bei durchschnittlich 9,04 Euro. Bis Ende 2024 ist der Preis pro Quadratmeter auf 11,23 Euro angestiegen. Die derzeit höchste Miete unter den deutschen Städten verlangt im Schnitt München mit 22,08 Euro pro Quadratmeter. Besonders günstig mietet es sich in Chemnitz bei einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 5,59 Euro.

Darum wohne ich zur Miete
„Ich wohne zur Miete, weil ich aufgrund meiner beruflichen Situation flexibel bleiben möchte. Zudem weiß ich von Erfahrungen aus meinem persönlichen Umfeld, wo der Hausbau in einem finanziellen Fiasko geendet ist.“