26. Januar 2021, 4:22 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Seit 2015 dürfen Vermieter*innen in besonders umkämpften Wohngegenden die Mieten nicht mehr unbegrenzt in die Höhe treiben. Gleich in mehreren Ländern vermasselten die Behörden allerdings den Start der Mietpreisbremse. Schulden sie den Mieter*innen deshalb Schadenersatz?
Die Mietpreisbremse soll Mieter*innen in teuren und begehrten Wohnlagen vor Wucher-Mieten schützen. Aber gleich in mehreren Bundesländern haperte es bei der Umsetzung – zum Nachteil der Mieter*innen. Muss der Staat Schadenersatz für die fehlerhafte Umsetzung der Mietpreisbremse garantieren? Das Urteil soll am 28. Januar verkündet werden, wie die Karlsruher Richter nach der Verhandlung am Donnerstag bekannt gaben. (Az. III ZR 25/20)
Wie funktioniert die Mietpreisbremse?
Seit Juni 2015 können die Landesregierungen zeitlich befristet „Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten“ ausweisen. Dort dürfen Vermieter*innen, wenn neue Mieter*innen einziehen, nur noch maximal zehn Prozent mehr als die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Maßstab ist der jeweilige Mietspiegel. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel bei neu gebauten oder modernisierten Wohnungen oder wenn der Vorgänger-Mieter*innen bisher auch schon mehr gezahlt hat.
Was bedeutet das für die Mieter*innen?
Vermieter*innen müssen sich in den ausgewiesenen Gebieten an die Obergrenze halten. Trotzdem kann es Mieter*innen passieren, dass zu viel verlangt wird und sie die Absenkung der Miete erst durchsetzen müssen, teilweise sogar vor Gericht. Dafür müssen sie den/die Vermieter*in nach Einzug so schnell wie möglich rügen. Erst bei seit April 2020 geschlossenen Verträgen kann zu viel gezahlte Miete unter bestimmten Bedingungen auch für frühere Monate zurückgefordert werden. Betroffene Mieter*innen wollen in Fällen von fehlerhaft umgesetzten Mietpreisbremsen Schadenersatz geltend machen.
Warum gibt es in einigen Bundesländern Probleme?
Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die Länder ihre Mietpreisbremsen-Verordnungen begründen müssen und nennt auch die zentralen Punkte. Das hat nicht überall geklappt. Gerichte haben inzwischen die ursprünglichen Verordnungen in Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg und Niedersachsen kassiert. Die hessische Verordnung, um die es jetzt in Karlsruhe geht, scheiterte daran, dass zunächst nur ein Entwurf und nicht die offizielle Begründung veröffentlicht wurde. Auch der BGH hat die Verordnung deshalb 2019 für unwirksam erklärt.
Welche Folgen hat das für die Mieter*innen?
Solange es keine gültige Verordnung gibt, können sich Mieter*innen nicht auf die Mietpreisbremse berufen. In dem Fall wehrten sich Mieter/innen aus Frankfurt deshalb vergeblich gegen eine zu hohe Miete. Sie hatten sich beim Einzug Anfang 2017 für ihre 67-Quadratmeter-Wohnung auf eine Kaltmiete von 11,50 Euro pro Quadratmeter eingelassen. Ortsüblich waren damals 7,45 Euro/Quadratmeter. Die neue Verordnung nützt ihnen nichts. Denn die Mietpreisbremse greift nur beim Einzug.
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Fehlerhafte Umsetzung der Mietpreisbremse – Wie wird Schadenersatz gefordert?
Um die Frage, ob solche Mieter*innen auf ihrem finanziellen Schaden sitzenbleiben oder ob der Staat die fehlerhafte Umsetzung der Mietpreisbremse einen Schadenersatz rechtfertigt. Der Rechtsdienstleister Conny GmbH (früher Wenigermiete.de), der mithilfe eines Internet-Rechners Forderungen gegen Vermieter*innen prüft und eintreibt und auch im Namen der Frankfurter Mieter*innen geklagt hat, will dazu in Karlsruhe ein Grundsatz-Urteil erstreiten. Gründer und Geschäftsführer Daniel Halmer wirft den Behörden vor, schlampig gearbeitet zu haben. „Millionen von Bürgern zahlen deshalb viel zu viel Miete.“
Worauf zielt die Klage ab?
Halmer will erreichen, dass die Länder betroffenen Mieter*innen die zu viel bezahlte Miete erstatten müssen – vom Einzug bis zum Auszug. Im Schnitt könnten Mieter*innen mit der Mietpreisbremse jeden Monat 150 bis 200 Euro sparen, sagt er – der Schadenersatz lässt sich also einfach ableiten. „Über alle Länder hinweg sind das schnell Milliardenbeträge.“ Inwieweit ein BGH-Urteil zu Hessen übertragbar wäre, müsste sich allerdings erst noch zeigen. Laut Halmer sind die Fehler vergleichbar, im Detail gibt es aber Unterschiede.
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Wie aussichtsreich ist das?
Am Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte die Klage für Schadenersatz bei fehlerhafter Umsetzung der Mietpreisbremse keinen Erfolg. Die OLG-Richter sahen keine Amtspflicht gegenüber konkreten Einzelpersonen verletzt. Die Verordnung richte sich an alle Mieter*innen und Vermieter*innen in einem bestimmten Gebiet. Es gebe auch „kein Grundrecht auf Anmietung einer Wohnung zu einem das ortsübliche Niveau nicht oder nur wenig überschreitenden Preis“. Die Mieter*innen hätten sich zwar möglicherweise auf die Mietpreisbremse verlassen. Gegen die Verordnung seien aber schon früh Zweifel laut geworden. Das letzte Wort hat jetzt der BGH. Das Urteil kann gleich am Donnerstag oder erst zu einem späteren Termin verkündet werden.