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„Geplante Obsoleszenz“

Die Sollbruchstelle bei Geräten – nur ein Gerücht oder bittere Realität?

Gerät reparieren
Defekte Geräte kann man zwar in manchen Fällen reparieren, besser wäre es allerdings, wenn sie länger halten würden Foto: Getty Images

28. September 2024, 5:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Immer wieder einmal hört oder liest man von der geheimnisvollen Sollbruchstelle. Der geplante, schnelle Verschleiß wird Herstellern unterschiedlichster Produkte, vom Haushaltsgerät über den Drucker bis zum TV-Gerät immer wieder einmal nachgesagt. Würde das wirklich zutreffen, wäre es gegenüber Verbrauchern ein starkes Stück und nahe am Betrug. Aber stimmt es wirklich? myHOMEBOOK ist den Gerüchten nachgegangen.

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Viele haben dies oder Ähnliches wohl schon einmal erlebt. Gerade noch verrichtete der Drucker völlig problemlos seinen Dienst, im nächsten Augenblick aber geht plötzlich nichts mehr. Gerade jetzt aber müsste dringend ein Formular oder eine Rechnung ausgedruckt werden. Natürlich kann und darf ein Gerät, das häufig genutzt wird, irgendwann auch kaputtgehen. Wenn aber etwa alle drei Jahre ein Drucker plötzlich aufgibt, unabhängig von Modell, Marke und Preis, könnte man System hinter der „Sollbruchstelle“ vermuten. Und weil Ähnliches nicht nur beim Tintenstrahldrucker, sondern auch beim Kühlschrank oder der Waschmaschine passieren kann, wird man zur Freude der Hersteller alsbald zum Dauerkunden.

Der Ursprung der „geplanten Obsoleszenz“

Klingt nach Übertreibung? Vielleicht. Andererseits tauchte die Idee einer „geplanten oder qualitativ bedingten Obsoleszenz“, so der Fachterminus, in den USA schon Ende der 1920er-Jahre auf. Damals soll der Automobilhersteller General Motors mindere Produktqualität als bewusste Marketingstratege eingesetzt haben. Thematisiert wird das auch in „Tod eines Handlungsreisenden“, dem weltberühmten und später mehrfach verfilmten Drama von Arthur Miller. Hier ärgert sich der Hauptcharakter darüber, dass sein Auto genau dann kaputtgegangen sei, als er die letzte Rate bezahlt habe. „Sie machen das absichtlich“, so Willy Loman.

Die „Glühbirnenverschwörung“

Berühmtberüchtigt in Deutschland ist die sogenannte „Glühbirnenverschwörung“, an die gerade erst der Onlinekanal des MDR erinnerte. Im Januar 1924 hatten sich fast alle großen internationalen Produzenten, unter anderem auch Osram, darauf verständigt, die Leuchtdauer einer Glühbirne auf 1000 Stunden zu begrenzen. Das entsprach in etwa einer „Halbierung der damaligen Brenndauer“, wie die Süddeutsche Zeitung bereits vor einigen Jahren meldete. „1942 flog alles auf, 1953 wurde die geplant begrenzte Lebensdauer per Gericht untersagt“, so der MDR. Trotz dieser Beweise ist man sich in der Wirtschaftswissenschaft nach wie vor nicht darüber einig, ob man tatsächlich von geplanter Obsoleszenz als einer geplanten Marketingstrategie der Hersteller sprechen kann, oder ob es sich bei solchen Fällen „nur“ um Qualitätsmängel handelt.

„Sollbruchstelle“ bisher nicht abschließend geklärt

So entbrannte schon in den später 70er-Jahren eine Art Streit zwischen dem Ökonom Burkhardt Röper und dem Soziologen Karl-Heinz Hillmann. Es ging um die Frage, ob geplanter, absichtlicher Produktverschleiß existiere und überhaupt gegen die Verbraucher durchsetzbar sei. Während Röper das verneinte, sprach Hillmann davon, dass Röper seine eigenen Beobachtungen missinterpretiert habe. Die Beobachtungen würden sehr wohl eine geplante Obsoleszenz beweisen.

Zu einem Dauer-Thema in Deutschland ist Obsoleszenz aber erst im vergangenen Jahrzehnt geworden. Ein Thema, das eben nicht nur einen wissenschaftlichen Diskurs angestoßen hat. Vielmehr wird heute auch auf breiter gesellschaftlicher Basis darüber diskutiert, allerdings nach wie vor ohne abschließendes Ergebnis.

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Auch eine vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene Studie zu 13 Produktgruppen habe laut MDR keinen deutlichen Nachweis erbringen können. Ganz anders aber sieht das die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Die spricht gegenüber dem MDR bei der Einweg-E-Zigarette, deren Lithium-Ionen-Batterie nicht aufgeladen werden könne, aber auch beim Tintenstrahldrucker, der bereits nach wenigen Anwendungen falsche Wartungswarnungen anzeige, sehr wohl davon, dass hier beide Male ein „klassischer Fall von vermeidbarer Obsoleszenz“ vorliege.

Auch interessant: Elektrogerät kaputt? Es muss nicht immer gleich weggeworfen werden

EU-Beschluss über „Recht auf Reparatur von Elektrogeräten“

Wer sich aber nach zwei, drei Jahren schon wieder einen Drucker anschaffen muss, für den dürfte diese Uneinigkeit in der Diskussion eher unbefriedigend sein. Es muss ihn das bittere Gefühl beschleichen, dass es seit Jahrzehnten zwar einen Namen (geplante Obsoleszenz), für dieses Phänomen gibt. Andererseits lässt sich die Existenz dessen bis heute aber nicht einwandfrei beweisen.

Der Beschluss über ein Recht auf Reparatur von Elektrogeräten, den das EU-Parlament am 10. Juli 2024 verkündet hat, könnte zumindest ein Lichtlein am Ende des Tunnels sein. Man will so nachhaltige Produkte zur Norm im EU-Binnenmarkt machen und ihre Umwelt- und Klimaauswirkungen insgesamt verringern. Spätestens bis zum 31. Juli 2026 müssen die EU-Mitgliedstaaten diesen Beschluss nun in jeweiliges nationales Recht umsetzen.

Mehr dazu: Die Reparatur von defekten Geräten soll künftig einfacher werden

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Der Haken an der EU-Vorschrift

Allerdings lässt sich auch hier schnell wieder ein Haken finden. Denn der Beschluss gilt nur für solche Elektrogeräte, für die es bereits EU-Reparaturvorschriften gibt. Das Ganze trägt seit 2005 den Namen Ökodesign-Richtlinie. Die sieht „bei vielen energieverbrauchsrelevanten Produkten ein erhebliches Verbesserungspotenzial im Hinblick auf die Verringerung der Umweltauswirkungen und auf Energieeinsparungen durch bessere Gestaltung.“ Dumm nur, dass diese gerade erst beschlossene Reparaturpflicht für viele Geräte-Gruppen bisher überhaupt nicht gilt. Der Grund: Es gibt für sie noch gar keine Ökodesign-Richtlinie. Daher ist der EU-Beschluss für das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) zwar „ein wichtiger erster Schritt in Richtung ‚Recht auf Reparatur‘“, er „geht jedoch an einigen Stellen nicht weit genug.“

Die Reparaturpflicht gelte außerhalb der Gewährleistung nur für Produkte, die von gesonderten Ökodesign-Verordnungen erfasst werden. Ein großer Teil der verkauften Elektrogeräte seien aber Produkte, die gerade nicht unter eine solche Verordnung fallen, z. B. Kaffeemaschine, Toaster oder Kopfhörer. „Für diese gilt die Verpflichtung also weiterhin nicht“, so das EVZ. Und „dies ist nachteilig für Verbraucher und Umwelt.“

Mehr als nur ein Mythos?

„Die geplante Obsoleszenz, im Volksmund auch Sollbruchstelle genannt, mag zwar mehr als ein Mythos sein, immerhin scheinen einige wenige Fälle aus der Vergangenheit einwandfrei belegbar. Dass eine von den Herstellern bewusst geminderte Produktqualität heute aber als Marketingstratege existiert, dazu haben wichtige Kontrollorgane wie das Umweltbundesamt, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) oder das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) durchaus sehr unterschiedliche Meinungen. Zumindest aber scheint der kürzlich verkündete EU-Beschluss über das ‚Recht auf Reparatur von Elektrogeräten‘ ein im Ansatz richtiges, wenn auch noch nicht weit genug reichendes Zeichen zu sein.“

Themen Küchengeräte
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