17. Juli 2024, 10:54 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Glas kann brechen – das ist soweit bekannt. Allerdings sollte das bestenfalls nicht ohne äußere Auswirkung passieren. Allerdings ist genau dies beim sogenannten „spontanen Glasbruch“ bei Solarzellen der Fall, wie ihn US-Wissenschaftler beobachten. myHOMEBOOK hat bei einem Experten nachgefragt, welche Gründe dafür verantwortlich sein können.
Spontaner Glasbruch bei Solarzellen kommt einem aktuellen Bericht zufolge immer häufiger vor. Das kalifornische Testzentrum für erneuerbare Energien RETC (Renewable Energy Test Center) stellte in seinem jährlichen „PV Module Index“ einen besorgniserregenden Anstieg dieser Glasbrüche bei Solarmodulen fest. Oft gehen die Module auch schon vor der Inbetriebnahme zu Bruch.
Immer mehr Berichte über spontane Glasbrüche in den USA
„Spontaner Glasbruch ist ein Beispiel für einen Mangel, den wir früher nicht kannten“, erklärt Teresa Barnes, Leiterin der Arbeitsgruppe Zuverlässigkeit und Systemverhalten Photovoltaik am National Renewable Energy Laboratory (NREL) des US-Energieministeriums in dem Bericht. „Als ich vor sieben oder acht Jahren anfing, mich mit der Zuverlässigkeit von Solarmodulen zu befassen, hörten wir meist von Glasbruch, wenn es schlampige Betriebs- und Wartungspraktiken gab.“ Das habe sich mittlerweile geändert. Das NREL bekomme immer häufiger Meldungen über Glasbruch bei Solarmodulen, die nicht auf direkte Schadeinwirkung, etwa Sturmschäden, zurückzuführen sind.
Die Qualität des Solarglases scheint mit der Zeit nachzulassen. Früher hätten die Module den Belastungstest standgehalten, erklärte Barnes im „PV Module Index“. „Heute bestehen sie entweder nur noch den einfachen statischen Basistest, oder sie bestehen ihn jedenfalls ohne höhere Sicherheitsreserven“, sagt die Expertin. Manche neue Moduldesigns würden nicht einmal den statischen Mindestbelastungstest bestehen.
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Kann auch in Deutschland passieren
Das NREL-Team vermutet, dass Glasschäden in Solarmodulen ähnlich wie bei Autoscheiben verlaufen. Ein kleiner Schaden könne sich bei extremem Wetter zu einem großen Riss entwickeln.
Spontaner Glasbruch bei Solarzellen ist allerdings kein reines US-Problem, sondern kommt auch hierzulande vor. „Glas ist von seiner Struktur her ein spröder Werkstoff und kann immer spontan brechen“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) auf myHOMEBOOK-Anfrage. „Anders als bei anderen Werkstoffen kündigt sich der Bruch nicht durch Risse oder Ähnliches an, sondern es bricht spontan.“
Spontaner Glasbruch bei Solarzellen – das sind die Ursachen
Glasbruch könne laut Solarverband verschiedene Ursachen haben: einerseits äußere Einwirkungen, andererseits falsche Bemessungen oder Produktionsfehler. „Die äußeren Einwirkungen entstehen durch Temperaturschwankungen, Windsog, Schneelast, Hagel und Ähnliches“, erklärt Körnig. Aber auch bei Überbeanspruchung, die den „Widerstand“ des Glases übersteigt, könne es zu spontanem Glasbruch kommen.
Es gibt noch weitere Gründe. „Thermische Einwirkungen können Temperaturspannungen im Glas auslösen.“ Aber auch unsachgemäße Lagerung oder Befestigung können zu Glasbruch führen. „Materialseitig können auch Verunreinigungen wie Nickel-Sulfit-Einschlüsse in vorgespannten Gläsern den Widerstand des Glases verringern“, ergänzt Körnig.
Übrigens: Konkrete Angaben darüber, wie oft spontaner Glasbruch bei Solarzellen in Deutschland wirklich vorkommt, sind aktuell nicht möglich, da dies „statistisch nicht erfasst“ werde. Allerdings werden solche Fälle nur „sehr selten“ an den BSW herangetragen.
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Maßnahmen zur Vorbeugung
Bei der mechanischen Belastung von PV-Modulen gelten in Deutschland gewisse Normen, die eingehalten werden müssen. Zu den Einflüssen zählen mitunter Windlast, Schnee und Hagel, zudem werden Alterungs- oder Dauerhaftigkeitstests durchgeführt. Grundlage dafür sind die Normen DIN EN IEC 61730 sowie DIN EN IEC 61215.
Ein Problem, das auch vom Einscheibensicherheitsglas bekannt ist, ist der Spontanbruch aufgrund von Nickelsulfid-Einschlüssen. Dem könne durch Heißlagerungstests begegnet werden, erklärt Körnig. Generell komme es auf die richtige Planung und Konstruktion bei den Modulen an. Die Qualität des Glases werde gemessen, dabei werden auch sogenannte „Sicherheitsbeiwerte“ berücksichtigt, einerseits auf der Einwirkungsseite, andererseits auf der Widerstandsseite. „Dabei gilt die Grundregel, dass die Widerstandsfähigkeit des Glases größer sein muss als die zu erwartenden Belastungen“, stellt Körnig klar.
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Darauf sollten Betreiber von Solaranlagen achten
„Der Kunde sollte darauf achten, dass die PV-Module aus dem Fachhandel kommen“, lautet die Empfehlung des BSW. Die Module sollten zudem ein CE-Kennzeichen tragen, womit der Hersteller garantiert, dass gewisse Sicherheitsnormen erfüllt sind. Allerdings sei die Einhaltung der CE- und Prüfung der DIN-Normen Aufgabe des Planers oder Installateurs, erklärt Körnig zum Abschluss.