8. April 2021, 4:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es herrschen goldene Zeiten für Immobilienverkäufer. Vor allem in Ballungsgebieten werden ihnen Häuser förmlich aus den Händen gerissen. Aber was ist der richtige Wert für die eigenen vier Wände?
Immobilienpreise sind seit Jahren nicht nur stabil, sie klettern in vielen Gegenden sogar verlässlich. Jetzt könnte also genau der richtige Zeitpunkt für den Verkauf der eigenen vier Wände sein. Aber viele Eigentümer fragen sich: Was ist mein Haus eigentlich wert? Welchen Preis kann ich aufrufen?
Die meisten denken sich dabei: Ich habe vor 30 Jahren umgerechnet 300 000 Euro für Haus und Grundstück bezahlt, das will ich jetzt mindestens wieder haben. So sollte man aber nicht herangehen, meint Fachbuchautor Werner Siepe. Er empfiehlt, den Immobilienkauf aus der Sicht des Käufers zu betrachten. Die richtige Frage wäre deshalb: Was ist meine Immobilie heute wert?
Käufer sind preissensibel
„Auch wenn es Interessenten gibt, die vermeintlich jeden Preis zahlen würden, empfiehlt es sich, den Wert realistisch einzuschätzen“, sagt Norman-Marcel Dietz, Leiter des Regionalbüros Hildesheim des Verbands Privater Bauherren (VPB). Denn auch in einem aufgeheizten Markt sind die meisten Käufer preissensibel. Eine Immobilie kann auch schnell wegen einer überzogenen Preisforderung zum Ladenhüter werden.
Entscheidend für den erzielbaren Preis und damit den Wert des Hauses ist immer die Lage. Ins Gewicht fallen auch Baujahr, Wohnfläche und die erwartete Restnutzungsdauer, so Norman-Marcel Dietz. Grundlage für den Wert des Grundstücks ist der Bodenrichtwert. „Die Bodenrichtwerte kennen in den letzten Jahren an den meisten Orten nur eine Richtung, nach oben“, beobachtet der Experte.
Eigentümer überschätzen Wert ihres Hauses mitunter
Dabei sind Ausstattung und Zustand der Immobilie für den Käufer extrem wichtig. „Bei renovierungsbedürftigen Häusern ist häufig die Energiebilanz schlecht. Das muss sich natürlich auf den Kaufpreis auswirken“, sagt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen.
Gerade Verkäufer, die jahrzehntelang in ihrer Immobilie gelebt haben, überschätzen gern den Zustand des Hauses und damit ihren Wert. Sie berücksichtigen nicht, dass für den Käufer zusätzlich zum Kaufpreis teure Renovierungen und dringende Modernisierungen anfallen.
Einen Überblick und ein Gefühl für realistische Preise bekommen Verkäufer am besten, indem sie sich anschauen, wie ähnliche Immobilien in ihrer Straße oder ihrem Viertel verkauft wurden. Auch eine Internetrecherche kann helfen. „Bei den großen Portalen kommt man zu guten Ergebnissen, wenn man die Adresse der zu verkaufenden Immobilie unter „Kauf“ eingibt und dann nach Häusern beziehungsweise Eigentumswohnungen in fünf bis zehn Kilometer Entfernung sucht“, sagt Werner Siepe.
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Kostenlose Wertermittlungen haben oft Haken
Vorsicht ist bei kostenlosen Ermittlungen des Wertes eines Hauses im Netz. „Juristisch haltbare Bewertungen sind nicht umsonst zu haben. Die Frage ist also, worum geht es dem Anbieter des kostenlosen Angebotes? Kundendaten, Kontakte und Objektinformationen? Hinter solchen Angeboten im Internet steht in der Regel immer ein finanzielles Interesse“, sagt Annabel Oelmann.
Wer genau wissen will, was sein Haus wert ist, sollte den klassischen Weg gehen und den Verkehrswert bestimmen. „Das ist ein Als-ob-Marktpreis, mit dem man sich dem am wahrscheinlichsten zu erzielenden Kauf- beziehungsweise Verkaufspreis annähert“, so Siepe.
„Bei selbst genutzten Immobilien wird in Deutschland in der Regel zur Bestimmung des Verkehrswerts der Sachwert ermittelt“, erklärt Annabel Oelmann. Dabei werden die Baukosten für die gesamte Immobilie geschätzt. Diese Kosten addiert man dann zum Bodenwert. Zudem wird ein eventuell vorhandener Abnutzungsverlust geschätzt und mitberechnet.
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Sachverständigengutachten meist nicht erforderlich
„Dieses Verfahren ist aber relativ aufwendig. Einfacher ist die Vergleichswertmethode, die den Wert anhand der real erzielten Preise von Vergleichsobjekten ermittelt“, ergänzt sie. Allerdings seien nicht immer ausreichend viele Immobilien oder Grundstücke vorhanden, die zum Vergleich herangezogen werden können.
Ein Wertgutachten von einem Sachverständigen, der den aktuellen Verkehrswert ermittelt, ist aber nicht bei jedem Immobilienverkauf notwendig. Man braucht es nur dann, wenn der Immobilienwert rechtliche Relevanz hat, zum Beispiel bei Erbfällen. „Ein vom Verkäufer in Auftrag gegebenes Wertgutachten kann sogar kontraproduktiv sein. Denn Kaufinteressenten schließen gern auf ein Gefälligkeitsgutachten“, warnt Immobilienexperte Werner Siepe.