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Mietrecht

Kakerlaken in verdreckter Mietwohnung müssen kein Kündigungsgrund sein

Messiewohnung in Essen
Aufgrund von Messie-Wohnungen streiten sich in Deutschland immer wieder Mieter und Vermieter vor Gericht Foto: picture alliance / Rupert Oberhäuser | Rupert Oberhäuser
Katharina Regenthal
Redakteurin

19. Oktober 2022, 11:18 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Was die Wichtigkeit von Sauberkeit und Ordnung betrifft – da gehen die Meinungen auseinander. Allerdings wurden dazu auch schon einige Gerichtsurteile gefällt. Wann kann der Zustand der eigenen Wohnung sogar zur Kündigung führen?

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Die einen fühlen sich im Chaos wohl, die anderen empfinden ihre Wohnung als schmutzig, wenn nicht jeden Tag geputzt wird. Für Vermieter und Mieter hat das Thema nochmal eine ganz andere Bedeutung. Gerichte in ganz Deutschland beschäftigen sich immer wieder mit Fällen, in denen Vermietern ihren Mietern etwa wegen einer dreckigen Wohnung die Kündigung schreiben wollen. Dabei geht es oft um sogenannte „Messie-Wohnungen“. Verdreckt und schmutzig bedeutet aber nicht immer gleich den Auszug eines Mieters. Wann Vermieter ihren Mietern kündigen können und wann eine verdreckte Wohnung eben kein Kündigungsgrund ist.

Kakerlaken sind nicht immer ein Zeichen von Schmutz

Vor dem Landgericht Berlin (Az.: 655 S 148/15) hat eine Mieterin erfolgreich gegen die Kündigung ihres Vermieters geklagt. Der Vermieter wollte sie aus der Wohnung raus haben, weil sie diese wohl extrem verdrecken ließ – die Rede war von menschlichen Exkrementen und Kakerlaken.

Das reichte dem Gericht allerdings nicht als Grund für eine Kündigung. Die könne man erst schreiben, wenn die Mietsache gefährdet werde – Unordnung oder Schmutz allein reichten nicht aus, hieß es. Außerdem bestehe die Gefahr eines Kakerlakenbefalls auch, wenn eine Wohnung regelmäßig gereinigt werde, insbesondere in Mehrfamilienhäusern. Daher sei das kein Kündigungsgrund.

Eine Kündigung der dreckigen Wohnung wäre erst gerechtfertigt gewesen, wenn etwa der Hausfrieden durch die besagte Mieterin nachhaltig gestört würde. Der Vermieter hat das sowie den Befall durch Ungeziefer befürchtet und daher die Kündigung ausgesprochen – ohne Erfolg.

Auch interessant: Fristlose Kündigung! Wann ist sie gerechtfertigt?

Verwahrlosung kann zur Kündigung führen

In einem anderen Fall vor dem Berliner Landgericht (Az.: 67 S 8/17) bekam dagegen die Vermieterin Recht. Die Räume der Mieterin waren komplett vollgestellt, das Bad ließ sich weder betreten noch benutzen. Zudem war die Wohnung von Ratten befallen, die bereits die Tür angeknabbert und ihre Exkremente in den Räumen verteilt hatten.

Die Vermieterin konnte den Zustand der Wohnung aufgrund eines Wasserschadens besichtigen und dokumentieren und reichte die fristlose Kündigung ein. Während sie damit vor dem Amtsgericht noch scheiterte, gab das Landgericht der Vermieterin dann recht. Mit der Begründung, dass bereits Substanzschäden eingetreten seien und damit gerechnet werden musste, dass sich die Situation weiter verschlimmern würde, da die Mieterin auch keine Einsicht zeigte.

Das Gericht kam zu dem Urteil, dass eine erheblich verwahrloste und dreckige Wohnung eine Kündigung rechtfertigen kann. Die Vertragsgrundlage zwischen beiden Parteien sei erheblich erschüttert, hieß es. Eine Abmahnung war in diesem Fall auch nicht nötig, da sich die Mieterin nicht einsichtig zeigte.

Einen ähnlichen Fall hatte es auch vor dem Amtsgericht München (Az.: 416 C 589/18) gegeben. Die Vermieterin hatte die fristlose Kündigung eingereicht, da sich in der Wohnung überall Müll befand. Manche Türen ließen sich nicht mehr öffnen, der Boden war teils stark durchnässt, an der Decke befanden sich Spinnweben und Insektennester. Die Mieterin war der Meinung, dass es ihr gutes Recht sei, in Unordnung zu leben. Die Richter sahen das anders.

Wann eine Verwahrlosung vorliegt

Es gibt unterschiedliche Kriterien und Gegebenheiten, die dafür sprechen, dass sich eine Wohnung wirklich in einem verwahrlosten Zustand befindet. Der Vermieter kann nur dann eine Kündigung einreichen, wenn aufgrund des Verhaltens beziehungsweise Wohnens des Mieters etwa eine Schädigung der Bausubstanz oder nachhaltige Belästigung von Mitmietern vorliegt. Das Online-Portal promietrecht.de gibt einige Beispiele, wann eine Verwahrlosung beziehungsweise Vernachlässigung der Wohnung vorliegt:

  • Ständige Feuchtigkeit in der Wohnung, Schimmelbefall
  • Wohnungszustand führt zu Ungeziefer
  • Müll in der Wohnung, Räume nicht oder kaum begehbar
  • Allgemeine Beeinträchtigung durch unzumutbare Gerüche

Das Portal weist darauf hin, dass Vermieter in der Regel, bevor es zu einer Kündigung kommt, den Mieter abmahnen müssen. Ausnahmen gibt es nur im Extremfall.

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Die Richter des Amtsgerichts Stuttgart (Az.: 35 C 2527/20) urteilten, dass eine Kündigung nicht auf den unaufgeräumten, an der Grenze zur Verwahrlosung liegenden Zustand der Wohnung gestützt werden darf. Denn darin liege keine Pflichtverletzung des Mieters, weil auch eine solche „Gestaltung“ der Wohnung zum vertragsmäßigen Gebrauch zähle. Denn Grenzen würden grundsätzlich erst dann überschritten, wenn Gefahren für die Gebäudesubstanz oder Belästigungen für anderes Nachbarn entstehen würden.

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