5. Juni 2023, 5:25 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Viele gießen ihre Pflanzen nicht zur Mittagszeit, aus Sorge, ihnen damit zu schaden. Wassertropfen würden die mittäglichen Sonnenstrahlen bündeln – und schon hat das Blatt einen Sonnenbrand. So zumindest die Annahme. Was steckt wirklich dahinter?
Pflanzen mittags zu gießen – für viele Hobbygärtner ein absolutes No-Go. Es würde den Blättern schaden, die Wassertropfen würden wie ein Brennglas die Sonnenstrahlen bündeln. Viele gießen daher lieber in den Morgen- oder Abend-Stunden. Was ist wirklich dran an der Behauptung, dass man mittags die Gießkanne stehen lassen sollte? Experten haben sich mit genau dieser Frage beschäftigt.
Wie Wassertropfen auf Blättern wirken
Wenn Lichtstrahlen auf eine Linse treffen, werden sie gebündelt und laufen an einem Punkt hinter der Linse, dem sogenannten Brennpunkt, zusammen. Dort kann es sehr heiß werden – das ist auch der Grund, weshalb man mithilfe einer Lupe unter Sonnenlicht Papier und andere Dinge in Brand setzen kann.
Können Wassertropfen auf Blättern in der Mittagssonne ebenfalls einen solchen Effekt haben? Nicht wirklich. Die Wassertropfen hätten so gut wie nie die passende Gestalt, die nötig wäre, damit sie wie ein Brennglas wirken, erklärt der Physiker Gernot Münster auf einer Website der Universität Münster, auf der er sich mit populären Irrtümern in der Physik auseinandersetzt. Der Brennpunkt müsste sich zudem auf der Unterseite des Tropfens befinden, damit er auf dem Blatt liegt. Und das Sonnenlicht müsste im passenden Einfallswinkel auf den Tropfen treffen.
Ein Tropfen müsste ideal einfallendes Licht auf die Oberfläche des Blattes bündeln – was selbst ein exakt halbkugelförmiger Tropfen nicht recht schafft. Wenn Wasser in der Sonne auf dem Blatt verdunstet, entsteht sogar ein kühlender Effekt. Enthält das Wasser indes Salze, die nach dem Verdunsten zurückbleiben, können diese die Zellen des Blattes schädigen.
Forscher beschäftigen sich schon seit Jahren damit
Forscher der Universität Budapest widmeten sich schon vor mehr als zehn Jahren der Frage nach dem Brennglaseffekt: Sie ließen Sonnenlicht auf verschiedene Blätter scheinen, auf die sie kleine Glaskügelchen oder Wassertropfen verschiedener Formen und Größen gesetzt hatten. Zusätzlich simulierten sie diese Bedingungen am Computer. Ihr Ergebnis: Es sei unwahrscheinlich, dass auf glatten, haarlosen Blättern Wassertropfen bei Sonnenschein das Blattgewebe schädigen. Bei Blättern mit feinen Haaren könnten von diesen festgehaltene Tropfen indes tatsächlich einen Sonnenbrand verursachen – wenn deren Brennpunkte auf den flächigen Teil des Blattes fielen.
Auf ihren im Fachmagazin „New Phytologist“ im Jahr 2010 erschienenen Artikel reagierte ein australischer Biologe mit einem wissenschaftlichen Kommentar. Er kommt darin zu dem Schluss, dass es weiterer Forschung bedürfe – etwa zur Temperaturschwelle, die überschritten werden müsste, damit es zu Blatt-Verbrennungen kommen kann. Es gebe in der Forschung auch erste Hinweise darauf, dass durch erhöhte Strahlungsintensität ein Teil des Systems geschädigt werden könnte, das an der Photosynthese beteiligt ist, schreibt der Biologe.
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Warum man Pflanzen dennoch mittags nicht gießen sollte
Allerdings sollte man dennoch generell eher morgens oder abends gießen. Wenn man Pflanzen in der prallen Mittagssonne gießt, verdunstet das Wasser relativ schnell, es wird also teilweise verschwendet. Einige Fachleute geben darüber hinaus zu bedenken, dass große Temperaturunterschiede bei Pflanzen eine Art Kälteschock hervorrufen können.
mit Material der dpa