1. Oktober 2021, 15:18 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mähroboter versprechen einen gepflegten Rasen ohne viel Pflegeaufwand. Doch die Bequemlichkeit hat auch seinen Preis – und zwar nicht nur finanziell. Die Mäher sind eine Bedrohung für Kleintiere im Garten, etwa für Igel, die abends und nachts besonders aktiv sind. myHOMEBOOK hat bei Tierschützern und Herstellern nachgefragt, wie groß die Gefahr wirklich ist und worauf Besitzer von Mährobotern achten sollten.
Zwischen den hohen Grashalmen sind Kleintiere leicht zu übersehen. Auch Mähroboter erkennen Igel mit ihren Sensoren oft zu spät, sodass ihre Klingen den Tieren übel zusetzen. Aber nicht nur Igel sind davon betroffen, sondern auch Kröten oder Eidechsen.
Warum sind Mähroboter so gefährlich für Igel?
Während die Sensortechnik der Mähroboter-Hersteller langsam immer ausgereifter wird, schlagen Tierschützer immer öfter Alarm. „Die Roboter sind sehr leise und haben ein geringes Abschreckungspotential“, erklärt Sebastian Kolberg vom NABU auf Anfrage von myHOMEBOOK. „Darüber hinaus gibt es keine einheitliche Normierung zur Bauweise, wie weit zum Beispiel die Klinge von der Außenhülle entfernt sein muss“, so der Referent für Artenschutz.
Viele Besitzer von Mährobotern schalten die Geräte abends ein, wenn sie zu Hause sind. Doch in der Dämmerung und nachts sind Igel besonders aktiv. „Laufen die Mähroboter nachts oder in der Dämmerung, sind insbesondere nachtaktive Igel gefährdet“, warnt der Naturschutzbund Baden-Württemberg. „Denn die Mäher machen weder vor spielenden Kindern, deren Finger unters Messer geraten können, noch vor kleinen Tieren halt.“
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Im Gegensatz zu anderen Gartentieren laufen Igel bei Gefahr nicht weg, um Schutz zu suchen – sie bleiben liegen und rollen sich ein, wie der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV) berichtet. Auf Fressfeinde mag dieses angelernte Verhalten abschreckend wirken, Mähroboter zeigen sich davon jedoch unbeeindruckt. Das Ergebnis sind schwerste Verletzungen, da die Tiere überrollt und verletzt werden. In vielen Fällen landen die verletzten Igel im Tierheim, wo Tierpfleger sie wieder aufpäppeln. Im schlimmsten Fall verenden sie qualvoll vor Ort. „Sie werden überrollt, verstümmelt und getötet“, warnt auch der NABU Niedersachsen.
Mähroboter rauben Igeln den Lebensraum
Aber auch indirekt stellen Mähroboter eine Gefahr für Igel dar, da sie den Tieren die Nahrungsgrundlage entziehen. Denn ist der Rasen kurz gemäht, finden die Stacheltiere nicht genügend Futter für den Winterschlaf und müssen weitere Wege für die Suche zurücklegen. Der LBV empfiehlt deshalb, dass „Gartenbesitzer lieber auf Artenreichtum achten und auf die elektrischen Helfer verzichten“ sollten.
Wie weit ist die Technologie bei Mährobotern?
Die Sensoren von Mährobotern sind oft noch nicht in der Lage, Hindernisse zu erkennen und zu umfahren. Vor allem kleine Igel haben dabei schnell das Nachsehen und kommen unter die scharfen und schnell rotierenden Klingen, „allein schon wegen ihrer Körpergröße“, sagt Kolberg. Als die Stiftung Warentest im Jahr 2018 acht verschiedene Mähroboter von Herstellern wie Bosch, Husqvarna oder Gardena untersuchte, war das Testergebnis verheerend. Keines der getesteten Modelle konnte überzeugen und eine bessere Note als „befriedigend“ erreichen.
Dabei war die Mähleistung nicht das ausschlaggebende Kriterium für die dürftigen Ergebnisse, sondern die Sicherheitsaspekte. Bei allen Mährobotern wurde ein Unfallrisiko festgestellt, insbesondere für spielende Kleinkinder. Zwei Mäher sind im Test deshalb glatt durchgefallen, da sie nicht stoppten, als ein Kinderschuh im Weg war.
Was sagen Hersteller von Mährobotern dazu?
Manfred Eckermeier, Pressesprecher von Positec, ist sich des Sicherheitsrisikos von Mährobotern durchaus bewusst. Das Unternehmen hat unter anderem den Worx Landroid im Produktsortiment. „Wir empfehlen allen Nutzern von Mährobotern, grundsätzlich vorsichtig mit solchen Geräten umzugehen“, sagt Eckermeier auf Anfrage von myHOMEBOOK. „Wie grundsätzlich mit allen Maschinen, die mit Schneidwerkzeugen arbeiten.“
Er appelliert mit Nachdruck an die Mähroboter-Besitzer: „Niemals sollten Kinder oder Tiere unbeaufsichtigt gelassen werden, wenn ein Mähroboter mäht,“ rät der Unternehmenssprecher. Zudem: „Niemals den Mähroboter nachts mähen lassen, wenn Igel und andere Wildtiere auf Futtersuche sind.“
Tatsächlich könne es manchmal passieren, dass die Sensoren ein flach auf dem Boden liegendes Hindernis nicht erkennen. Eckermeier nennt dabei verschiedene Faktoren wie „Rasenbeschaffenheit, eventuelle Löcher im Rasen oder Anhöhen“. Auch das Anti-Kollisions-System sei keine hundertprozentige Garantie im Hinblick auf diese Faktoren. Es sei dafür vorgesehen, Hindernisse in einer Höhe von 15 Zentimetern und einem Mindestabstand von 25 Zentimetern zu erkennen und zu umfahren. „Wir arbeiten ständig an den Sicherheitssystemen unserer Geräte und entwickeln diese kontinuierlich weiter“, versichert der Sprecher.
Laut George Brown vom Industrieverband Garten (IVG) e.V. handelt es sich bei Zusammenstößen zwar um „tragische Einzelfälle“, er appelliert aber auch an die Besitzer der Geräte. Ein Mähroboter ist „eine leistungsfähige Maschine und kein Spielzeug“, so der technische Referent. „Internationale Produktnormen fordern daher hohe Sicherheitseinrichtungen, wie beispielsweise starke Sensoren an Bord, die bei Berührungen mit Menschen oder Tieren den Betrieb stoppen,“ erklärt Brown. Der IVG arbeitet bei der Weiterentwicklung eng mit den Herstellern zusammen. „Einige Systeme, die auch dem Schutz der Igel zugutekommen, befinden sich bereits in der Pilot- beziehungsweise Testphase.“
Was raten Tierschützer den Besitzern von Mährobotern?
Da Igel dämmerungs- und nachtaktiv sind, sollte der Mähroboter in dieser Zeit ausgeschaltet bleiben. „Bestenfalls lässt man den Mäher am Vormittag laufen oder am Nachmittag vor der Dunkelheit“, rät Kolberg. Allerdings auch nur unter Aufsicht. „Keinesfalls sollte dies in der Nacht passieren“. Das gilt auch noch im Herbst. „Jungigel können bis in den September geboren werden und sind demnach fast die ganze Vegetationsperiode durch potenziell gefährdet.“ Während Männchen meist bereits im Oktober in den Winterschlaf gehen, passiert dies bei Weibchen etwas später. Spät geborene Jungigel sind teilweise sogar noch im Dezember tagsüber auf Nahrungssuche, „weil die Tiere mindestens 500 Gramm Körpergewicht erreichen müssen, um den Winterschlaf zu überstehen“, so der Tierschützer.
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Die Artenschutz-Referentin Annika Lange vom LBV empfiehlt auf Anfrage von myHOMEBOOK allen Besitzern von Mährobotern, sich an folgende Tipps zu halten:
- Da Igel, so wie viele andere betroffene Kleintiere, wie bereits erwähnt, nachtaktiv sind, sollte der Mähroboter ab Dämmerungsbeginn nicht weiter verwendet werden.
- Es sollte nie unter Hecken und Gebüschen gemäht werden, da sich hier besonders viele Tiere verstecken und das Dickicht den Tieren als Schutz dient. Sollte das trotzdem nötig sein, muss der gesamte Abschnitt unbedingt gründlichst untersucht werden, um verletzte Tiere zu vermeiden.
- Der gesamte Garten sollte vor der Nutzung gründlich nach Kleintieren abgesucht werden.
- Der Mähroboter sollte niemals länger laufen als unbedingt nötig.
myHOMEBOOK meint:
„Der natürliche Lebensraum für Igel ist bedroht – durch Intensivierung der Landwirtschaft und Bebauung von Freiflächen, aber auch durch moderne Technologien wie Mähroboter. Der Garten ist häufig der letzte Rückzugsraum für den Igel. Der Natur zuliebe sollten wir den Rasen nur so oft wie nötig mähen. Damit helfen wir nicht nur dem Igel, sondern auch anderen Tieren wie zum Beispiel Bienen. Und ein naturnaher Garten bietet nicht nur wertvolle Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt, sondern nützt langfristig auch dem Menschen.“